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Volkswirte zum dritten Rückgang des Ifo-Index in Folge

Berlin, 25. Aug – Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft hat sich im August erneut leicht eingetrübt. Der Ifo-Geschäftsklimaindex fiel auf 88,5 Zähler von 88,7 Punkten im Vormonat und damit das dritte Mal in Folge, wie das Münchner Ifo-Institut am Donnerstag zu seiner Umfrage unter rund 9000 Führungskräften mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten einen stärkeren Rückgang auf 86,8 Punkte erwartet. Sie sagten in ersten Reaktionen:

FRITZI KÖHLER-GEIB, CHEFVOLKSWIRTIN KFW:

„Die lediglich geringe Stimmungseintrübung ist angesichts der sehr düsteren Erwartungen nur ein schwacher Trost. Deutschland steht am Beginn einer technischen Rezession, bereits für das laufende dritte Quartal droht eine Schrumpfungsrate. Der energiepreisgetriebene Inflationsschub drückt die Kaufkraft und die Unwägbarkeiten bei der Gasversorgung im Winter verunsichern Unternehmen wie Privathaushalte gleichermaßen. Gleichzeitig ist die bislang stabilisierende Aufholbewegung bei den zuvor coronabedingt eingeschränkten Dienstleistungen nahezu abgeschlossen und mit den niedrigen Pegelständen im Rhein kommt aktuell ein weiterer Störfaktor hinzu. Nach unserer neuen, heute früh veröffentlichten Sommerprognose wird die deutsche Wirtschaft 2023 um 0,3 Prozent schrumpfen, nach einem Zuwachs von 1,4 Prozent in diesem Jahr.“ 

MICHAEL HOLSTEIN, CHEFVOLKSWIRT DZ BANK:

„Die deutsche Wirtschaft steht wohl vor einer Rezession. Das bestätigen auch die aktuellen Umfragen im Unternehmenssektor. Im August ist der Ifo-Geschäftsklimaindex zum dritten Mal in Folge gesunken, wenn auch nur noch ganz leicht. Insbesondere die Messzahl für die Geschäftserwartungen der Firmen ist seit dem Frühjahr auf ein so tiefes Niveau gesunken, wie sie es in früheren Jahren nur im Vorfeld von Krisen erreicht hat. Sehr stabil hält sich dagegen immer noch die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage. Bislang scheinen die Belastungen durch die hohen Energie- und Rohstoffpreise für die Unternehmen also noch verkraftbar zu sein, doch die Unsicherheit in Bezug auf das kommende Winterhalbjahr ist enorm groß.“

RALF UMLAUF, HELABA:

„Die konjunkturelle Dynamik ist mit dem dritten Rückgang in Folge weiter abwärtsgerichtet. Das zyklische Hoch wurde überdies bereits im Juni 2021 markiert. Allerdings fällt der Rückgang deutlich geringer aus als erwartet und Zweifel an der Bereitschaft der EZB, die Zinsen zu erhöhen, werden nicht verstärkt. Die EZB ist derzeit darauf fokussiert, die Inflationsrate in Richtung der Zielgröße von zwei Prozent zu drücken. Eine schwächere Konjunktur wird dabei in Kauf genommen.“

THOMAS GITZEL, CHEFÖKONOM VP BANK:

„Alleine die Tatsache, dass sich der Ifo-Geschäftsklimaindex im Monatsvergleich nahezu unverändert zeigt, ist eine positive Überraschung. Es hätte durchaus schlimmer kommen können. Grund zum Aufatmen gibt es aber keinen, denn das Konjunkturbarometer signalisiert auf den gegenwärtigen Niveaus eine Rezession.“ 

ALEXANDER KRÜGER, CHEFVOLKSWIRT HAUCK AUFHÄUSER LAMPE PRIVATBANK:

„Beim Geschäftsklima bleiben die Lichter ausgeknipst. Wegen beständig steigender Gaspreise, Materialmangels und niedriger Flusspegel werden es Unternehmen weiter schwer haben. Ungemach droht vor allem im Einzelhandel. Das Schwerwiegende ist, dass der dunkle Tunnel immer länger wird. Dies spiegeln besonders die weiterhin finsteren Geschäftserwartungen. Eine Rezession im Winterhalbjahr ist ein Done Deal, bei Dauer und Tiefe drohen böse Überraschungen. Für Unternehmen wird es vorerst ums Überleben statt um Investitionen und Innovationen gehen.“

ELMAR VÖLKER, ANALYST LBBW:

„Angesichts der trüben Prognosen bezüglich eines weiteren deutlichen Knicks in der Stimmung implizieren die heutigen Zahlen ein wenig Erleichterung, dass es nur einen kleinen Rücksetzer gab. Dies ändert jedoch wenig daran, dass die Erwartungskomponente einen verheerenden Ausblick für die Herbst/Wintermonate gibt. Die jüngsten neuerlichen Preisschübe am Gas- und Strommarkt sind dabei möglicherweise durch die aktuelle Umfrage noch gar nicht vollumfänglich erfasst. Es bleibt mithin dabei: Nachdem die deutsche Wirtschaft im Frühjahr, wie heute gemeldet, doch noch ein kleines Plus geschafft hat, stehen für das zweite Halbjahr immer mehr Zeichen auf Rezession.“

JÖRG KRÄMER, CHEFVOLKSWIRT COMMERZBANK:

„Das Ifo-Geschäftsklima ist im August überraschend nur geringfügig gefallen. Aber dieser wichtige Konjunkturindikator liegt trotzdem weiter im Rezessionsbereich. Verbraucher und Unternehmen leiden unter der Gaskrise, zumal die Konsumenten ihre Corona-Ersparnisse offenbar schon verbraucht haben. Wir erwarten für das zweite Halbjahr und das erste Quartal nächsten Jahres mehr denn je eine Rezession.“

Volkswirte zum dritten Rückgang des Ifo-Index in Folge

Quelle: Reuters

Titelfoto: Symbolfoto

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