Frankfurt, 05. Apr (Reuters) – Tarifeinigung für die rund 580.000 Beschäftigten in der Chemieindustrie: Wegen der wachsenden Unsicherheit infolge des Ukraine-Kriegs verständigten sich Gewerkschaft und Arbeitgeber in den Verhandlungen auf eine Zwischenlösung. Danach sollen die Beschäftigten spätestens im Mai eine Brückenzahlung von einmalig 1400 Euro erhalten, wie die Gewerkschaft IG BCE und der Bundesarbeitgeberverband BAVC am Dienstag nach der zweiten Gesprächsrunde auf Bundesebene mitteilten. Bei Unternehmen in Schwierigkeiten kann die Zahlung auf 1000 Euro verringert werden. Auszubildende sollen 500 Euro erhalten.
„Diese Brücke führt uns hoffentlich auf eine andere Seite, auf der wir wieder Stabilität sehen“, sagte MerckMRCG.DE-Manager und BAVC-Präsident Kai Beckmann bei der Vorstellung des Kompromisses. Eine Lösung habe gefunden werden müssen, die Inflationslinderung mit Beschäftigungssicherung verbinde, erklärte IG BCE-Chef Michael Vassiliadis. „Unser Ziel bleibt die dauerhafte Steigerung der Entgelte noch in diesem Jahr.“ Die Tarifverhandlungen für Deutschlands drittgrößten Industriezweig nach der Automobilindustrie und dem Maschinenbau sollen im Oktober fortgesetzt werden. Dann wollen die Tarifpartner klären, inwieweit eine nachhaltige, tabellenwirksame Entgelterhöhung erzielt werden kann.
Ursprünglich hatte die IG BCE einen Tarifabschluss oberhalb der Teuerungsrate angestrebt. Zum Zeitpunkt der Forderung war die Inflation aber noch deutlich niedriger, bevor sie infolge des Ukraine-Kriegs auf einen neuen Höchstwert geklettert war. Die russische Invasion der Ukraine hatte alle wirtschaftlichen Prognosen über den Haufen geworfen. Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) zog erst unlängst seine Jahresprognose zurück.
Einmalzahlungen seien zwar nicht immer vergleichbar mit den Rechnungen für nachhaltige Gehaltsentwicklungen, die auf die Tabellen wirken, sagte IG BCE Verhandlungsführer Ralf Sikorski. „Wir haben uns das Ganze angeschaut, das hat im Schnitt eine Größenordnung von 5,3 Prozent“, merkte er an. Die Arbeitgeber hoffen, die Lage Ende des Jahres besser einschätzen zu können. „Mit der Krisen-Brücke verschaffen wir Unternehmen und Beschäftigten eine dringend benötigte Atempause“, erklärte BAVC-Verhandlungsführer Hans Oberschulte. Jetzt gehe es darum, mit dieser völlig neuen Vorgehensweise Erfahrungen zu machen. „Ob das für die Zukunft genauso eine Methode sein kann, ob es für andere Branchen eine Methode sein kann, das muss man dann zu dem Zeitpunkt oder in der jeweiligen Industrie neu entscheiden.“
Neben der Einmalzahlung verständigten sich BAVC und IGBCE auch darauf, die Zuschläge für Nachtschichten einheitlich auf 20 Prozent vom 1. Juli an festzulegen. Um Auszubildende mit Förderbedarf zu unterstützen, investieren die Chemie-Sozialpartner drei Millionen Euro in das neue Programm „AusbildungPlus“. Ziel ist es Ausbildungshemmnisse abzubauen. Für die Altersfreizeiten soll es zudem mehr Flexibilität geben.
Übergangslösung für Chemie-Beschäftigte – 1400 Euro Einmalzahlung
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Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.