Freitag, April 19, 2024
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Lindner plant 2022 vorerst 200 Mrd Euro neue Schulden

Berlin, 14. Mrz (Reuters) – Als Folge des Ukraine-Krieges bereitet sich die Bundesregierung darauf vor, dass der Bund in diesem Jahr womöglich mehr neue Schulden aufnehmen muss als bisher geplant. Die Neuverschuldung im Kernhaushalt von 99,7 Milliarden Euro werde gehalten – trotz höherer Ausgaben für die Coronavirus-Pandemie sowie Entlastungen für Bürger und Unternehmen, sagte Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Montag.

„Wir werden aber daneben einen Ergänzungshaushalt in den nächsten Wochen an den Bundestag leiten.“ Inklusive des geplanten Sondervermögens Bundeswehr über 100 Milliarden Euro sieht der Reuters vorliegende Haushaltsentwurf eine Nettoneuverschuldung von fast 200 Milliarden Euro vor. Das Kabinett soll den Entwurf am Mittwoch auf den Weg bringen. Doch der jetzt angekündigte Ergänzungshaushalt könnte die Neuverschuldung nochmal erhöhen. Dieser solle die Folgen des Kriegs in der Ukraine abbilden, die noch nicht genau absehbar seien, sagte Lindner. 

Für das laufende Jahr muss der Bundestag ein drittes Jahr in Folge die Schuldenbremse im Grundgesetz aussetzen. Der Haushaltsentwurf für 2022 und die Finanzplanung bis 2026 gäben den Stand wieder, „wie wir es heute beziffern können“, hieß es im Finanzministerium. „Die Änderungen, die noch anstehen, werden auf der Strecke eingebracht.“

Die erste Beratung des Etatentwurfs steht kommende Woche im Bundestag an. Der Ergänzungshaushalt werde in die Bundestagsberatungen später eingebracht. Dies könnte sich durchaus noch hinziehen: Erst mit der Frühjahrsprognose im April und der Steuerschätzung im Mai will die Bundesregierung die Folgen des Ukraine-Krieges für Wirtschaftswachstum und Steuereinnahmen konkret beziffern.

REGIERUNG WILL TILGUNG AUF 30 JAHRE STRECKEN

Mit dem Entwurf löst Lindner zumindest vorläufig das selbstgesteckte Ziel ein, nicht mehr neue Schulden zu machen als von der alten Bundesregierung vor der Bundestagswahl für dieses Jahr vorgesehen. Der Ergänzungshaushalt zu den wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges könnte diese Messlatte aber reißen, da weitere Maßnahmen etwa zur Abfederung der hohen Energiekosten eine höhere Kreditaufnahme erforderlich machen könnten. 

Die Neuverschuldung werde „durch weitere Reaktionen aufgrund des Kriegs und seiner schwerwiegenden Folgen höher ausfallen als jetzt aktuell anvisiert“, erklärte Grünen-Haushälter Sven-Christian Kindler. Erforderlich seien zusätzliche Kredite und eine „Steuerpolitik, bei der starke Schultern mehr tragen“. Der Chefhaushälter der oppositionellen Unions-Fraktion, Christian Haase, erklärte, der Entwurf sei schon jetzt Makulatur: „Die Nettokreditaufnahme im Bundeshaushalt wird sicher eher bei 140 bis 150 Milliarden Euro liegen müssen, stellt man sich den ökonomischen Realitäten.“ Inklusive Bundeswehr-Sondervermögen läge die Neuverschuldung dann bei 240 bis 250 Milliarden Euro.

NATO-QUOTE SOLL ERFÜLLT WERDEN

Mit dem Sondervermögen Bundeswehr reagiert die Koalition aus SPD, Grünen und FDP auf den russischen Einmarsch in der Ukraine. Nach Stand derzeitiger Planungen beliefe sich die Neuverschuldung des Bundes in den Jahren 2020 bis 2022 damit auf rund 545 Milliarden Euro. Die Tilgung eines Großteils der Kredite soll auf 30 statt anfangs 20 Jahre gestreckt werden. 

Mit den 100 Milliarden Euro Sondervermögen Bundeswehr sowie mit dem jährlichen Verteidigungsetat, der 2022 bei 50,3 Milliarden Euro liegen soll, soll jedes Jahr die Nato-Quote von zwei Prozent erfüllt werden. Demnach sollen zwei Prozent der Wirtschaftsleistung jährlich in die Verteidigungsausgaben fließen – also etwa 70 Milliarden Euro. Über die Details des Sondervermögens wird noch beraten. „Aus ihm sollen in den kommenden Jahren ausschließlich Ausgaben zur Ertüchtigung der Streitkräfte geleistet werden“, heißt es laut Kabinettsvorlage.

Lindner sieht Deutschland für 2023 gleichwohl auf dem Weg, die Schuldenbremse wieder einzuhalten. „Die Schuldenbremse steht in der Verfassung und ich sehe nicht, dass es eine verfassungsändernde Mehrheit im Bundestag und Bundesrat dafür gäbe, sie aufzuweichen“, sagte der FDP-Politiker.

Der Regierungsentwurf „ebnet – unter erneuter Inanspruchnahme der Ausnahmeklausel – den Weg zur Einhaltung der regulären Schuldenobergrenze ab dem kommenden Jahr“, schreibt er in seiner Kabinettsvorlage. Kindler sprach von einer „gewagten Prognose“. Haase forderte, Lindner müsse sich „auch bei den Zahlen für 2023 ehrlich machen“ und „seine Traumwelt mit der Einhaltung der Schuldenbremse endlich verlassen“. Es werde „Zeit, dass die Regierung endlich die richtigen Prioritäten setzt“.

Lindner plant 2022 vorerst 200 Mrd Euro neue Schulden

Copyright: (c) Copyright Thomson Reuters 2022

Titelbild Copyright © Laurence Chaperon

Bild Quelle https://www.fdp.de/person/christian-lindner

Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.

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