Frankfurt, 08. Apr (Reuters) – Trotz anhaltender Zins- und Konjunktursorgen greifen Anleger an den europäischen Aktienmärkten zum Wochenschluss zu. Der Dax stieg nach seinen jüngsten Verlusten 1,3 Prozent auf 14.262 Zähler. Der EuroStoxx50 rückte um 1,5 Prozent vor. Börsianer rechneten aber damit, dass die Gewinne schon bald wieder in sich zusammenfallen könnten.
Ein Vorstoß in Richtung 15.000 Punkte beim Dax dürfte irgendwo zwischen schwierig und unmöglich liegen, sagte Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. „Es mangelt einfach an positiven Nachrichten.“ Der Krieg in der Ukraine und die daraus resultierenden unmittelbaren und mittelbaren Konsequenzen blieben Risikofaktor Nummer eins.
Vor allem die Spekulationen auf ein Energie-Embargo des Westens, das auch russisches Öl und Gas mit einbezieht, ebbten am Markt nicht ab. Am Donnerstag hatten sich die Botschafter der EU-Staaten auf ein weiteren Sanktionspaket geeinigt, das erstmals auch Energielieferungen aus Russland betrifft. Der Beschluss sieht ein Verbot russischer Kohle-Lieferungen vor, für das eine 120-tägige Übergangsfrist vorgesehen ist. Das könnte der Vorbote für weitere Maßnahmen sein, sagten Börsianer. Ein Totalembargo dürfte auch die Wirtschaft vieler europäischer Staaten, allen voran Deutschland, erheblich treffen.
AUSSICHT AUF SCHNELL STEIGENDE US-ZINSEN TREIBT DOLLAR
Neben dem Ukraine-Krieg bereitete aber auch die Aussicht auf wohl schnell steigende Zinsen in den USA Kopfzerbrechen. Angesichts einer massiven Teuerung von zuletzt 7,9 Prozent wird an den Finanzmärkten mit ungewöhnlich großen Zinsschritten im Mai und Juni von jeweils einem halben Prozentpunkt gerechnet. Ende des Jahres könnte der US-Leitzins dann in einer Spanne von 2,5 bis 2,75 Prozent liegen. Die Protokolle der jüngsten Fed-Sitzung hatten nahegelegt, dass sich die US-Notenbank auf aggressive Zinsschritte vorbereitet. Die US-Konjunktur könnte aufgrund einer beschleunigten geldpolitischen Straffung unter Druck geraten, warnte Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay Asset Management.
Profiteur der anstehenden Zinserhöhungen ist die US-Währung. Der Dollar-Index kratzte am Freitag erstmals seit fast zwei Jahren wieder an der 100-Punkte-Marke. Er stieg in der Spitze um 0,2 Prozent auf 99,9930 Stellen. Der EuroEUR= hatte dagegen das Nachsehen: Die Gemeinschafswährung fiel mit 1,0846 Dollar auf den tiefsten Stand seit mehr als vier Wochen.
FINANZWERTE ZUM WOCHENSCHLUSS GEFRAGT
An den Aktienmärkten ging es aufgrund der Zinsspekulationen für die Finanzwerte nach oben. Der Branche winken bei steigenden Zinsen höhere Gewinne aus dem klassischen Kreditgeschäft. Im Dax standen die Aktien der Deutschen Bank mit einem Plus von mehr als vier Prozent an der Spitze. Der europäische Aktienindex.SX7P legte fast drei Prozent zu.
An der Mailänder Börse sorgte der Einstieg der Credit Agricole bei der Banco BPM (BAMI) für ein Kursfeuerwerk. Die Aktien des italienischen Geldinstituts stiegen um mehr als 16 Prozent auf 3,19 Euro. Credit Agricole notierten in Paris mit 10,05 Euro 1,7 Prozent fester. Die französische Bank hatte am Donnerstag mitgeteilt, einen Anteil von 9,18 Prozent an Italiens drittgrößtem Geldhaus erworben zu haben.
Hoch her ging es auch im MDax: Übernahmenspekulationen trieben Scout24 um 17,5 Prozent auf 61,52 Euro in die Höhe. Händler verwiesen auf einen Bericht von „Dealreporter“. Demnach haben die Investoren Hellman & Friedman, EQT und Permira ein Auge auf Scout24 geworfen. Scout24 sei ein offensichtliches Ziel für Investoren, schrieb der JPMorgan-Analyst Marcus Diebel. Er bezog sich dabei auf das defensive Geschäftsmodell, die geringe Abhängigkeit von Verbrauchern und die hohen Gewinnmargen. Der Analyst hält eine Offerte von mindestens 80 Euro pro Aktie für möglich.
Dax macht Boden gut – Zins- und Konjunktursorgen bleiben
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Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.