01. Apr (Reuters) – Mit neuen Regeln für die Abwicklung der Gasgeschäfte hat der russische Präsident Wladimir Putin für ordentlich Verwirrung gesorgt. Ausländische Kunden müssten ab Freitag russisches Gas in Rubel bezahlen, hatte er per Dekret erklärt. Die Bundesregierung kündigte an, die Lieferungen weiter in Euro zu bezahlen. Doch bei dem Blick darauf, wie die Zahlungsströme nach russischem Willen künftig abgewickelt werden sollen, entpuppt sich die Konfrontation Experten zufolge eher als Sturm im Wasserglas:
WAS ÄNDERT SICH?
Bislang haben die Unternehmen den Zahlungsverkehr offenbar meist über deutsche Banken abgewickelt. Nun müssen sie ein Konto bei der Gazprombank eröffnen – wenn sie noch keines haben. Einzahlungen werden aber weiter in Euro getätigt, den Rest regelt die Gazprombank. „Solange die Kunden auf der Gasseite in Deutschland nur ein Konto bei der Gazprombank eröffnen müssen, auf das sie weiter in Dollar oder Euro einzahlen, gibt es keine gravierende Veränderung“, erklärt der Energierechtsexperte der Essener Kanzlei Rosin Büdenbender, Wiegand Laubenstein. Die Gazprombank wäre in der Pflicht, den entsprechenden Rubelbetrag zu beschaffen und trüge damit auch das Wechselkursrisiko.
KOMMT ES NUN ZUM LIEFERSTOPP?
Die Notwendigkeit für die Versorger, ein Konto bei der Gazprombank zu haben, sei keine große Änderung im Vergleich zur bisherigen Vorgehensweise, sagen Experten. Das Risiko, dass nun gleich ab dem 1. April die Gaslieferungen gestoppt würden, sei gering, erklärt Dimitri Polevoi vom Moskauer Brokerhouse Locko-Invest. Der Zeitpunkt der Zahlungen sei in den Verträgen festgelegt, die Behörden könnten davon auch vorübergehend abweichen. Gasrechnungen würden rückwirkend bezahlt, daher sei noch Zeit, das Ganze zu überprüfen, sagen Experten.
Gazprom selbst erklärte, die Gaslieferungen seien weiterhin sicher. Man beginne nun, die Kunden über die geforderte Umstellung der Endzahlungswährung auf Rubel zu informieren.
WAS SAGEN DIE VERSORGER?
Deutsche Gazpromkunden wie RWE, VNG oder Uniper halten sich bedeckt. „Das Vorgehen ist weiter in der Abstimmung“, erklärte etwa Uniper. „Ihre Nachfrage bezieht sich auf geschäftliche Interna, zu denen wir uns nicht äußern können“, erwiderte VNG auf die Frage, ob das Unternehmen bereit sei, die Zahlungen über ein Konto bei der Gazprombank abzuwickeln.“ Der österreichische Versorger OMVOMVV.VI war nach eigenen Angaben in der Sache in Kontakt mit Gazprom. Man warte aber noch auf eine schriftliche Antwort.
WAS HAT PUTIN ERREICHT?
Putin habe unter anderem eine Stützung des Rubels erreichen wollen, heißt es in Regierungskreisen in Berlin. Die Nachfrage nach dem Rubel solle gestärkt werden. „Was sich grandios angehört hat, entwickelt sich zu einem Sturm im Wasserglas“, erklärt Jack Sharples vom Oxford Institute for Energy Studies. Mit der Abwicklung über ein Konto bei der Gazprombank werde quasi über diese ein Schutzschild gespannt.
„Es ist auch eine Warnung Putins an den Westen, die Sanktionen gegen das russische Finanzsystem nicht weiter zu verschärfen“, sagte Jeffrey Schott von der Denkfabrik Peterson Institute of International Economics. „Würde von deutschen Kunden allerdings eine Einzahlung in Rubel auf das Konto bei der Gazprombank verlangt, wäre dies der Versuch, die vom Westen beschlossenen Sanktionen gegen die Russische Zentralbank zu unterlaufen“, sagt Energierechtsexperte Laubenstein.
Rubel oder Euro – Was ändert sich beim Kauf von russischem Gas?
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