Hamburg, 29. Mrz (Reuters) – Der Krieg in der Ukraine könnte einen Strich durch die Börsenpläne für den Sportwagenbauer Porsche AG machen. Der Volkswagen-Haupteigner Porsche SE schließt nicht aus, dass er das womöglich 80 Milliarden Euro schwere Vorhaben bei einem länger dauernden Krieg überdenken muss.
„Wir können auch nicht ausschließen, wenn der Konflikt länger andauert, dass sich hier potenzielle Implikationen auf den Börsengang ergeben“, sagte Porsche-SE-Finanzchef Johannes Lattwein bei der Bilanzpräsentation am Dientag. Das Unternehmen hoffe jedoch auf eine diplomatische Lösung und darauf, dass sich die konjunkturellen Risiken durch den russischen Überfall auf das Nachbarland in Grenzen hielten.
Die Porsche SE (PSE) bekräftigte zugleich ihre Unterstützung für den Börsengang der VW-Tochter Porsche AG, durch den die Eignerfamilien Porsche und Piech wieder Zugriff auf den Sportwagenbauer und damit auf ein wichtiges Stück Familiengeschichte bekommen wollen. Auf Fragen, unter welchen Bedingungen der Porsche-Börsengang nicht stattfinden würde, antwortet PSE-Chef Hans Dieter Pötsch, es sei davon auszugehen, dass es bei Volkswagen dazu klare Vorstellungen gebe.
Volkswagen hatte zuletzt Mitte März bekräftigt, an einem möglichen Börsengang im vierten Quartal 2022 werde weiter gearbeitet. Ende September wird dazu eine Grundsatzentscheidung erwartet. Analysten halten bei gutem Börsenumfeld eine Bewertung der Porsche AG mit 80 Milliarden Euro und mehr für möglich. Zum Vergleich: Der Wolfsburger Mutterkonzern mit seinen zwölf Marken ist nach Refinitiv-Daten an der Börse derzeit knapp 97 Milliarden Euro wert.
„ATTRAKTIVE BEWERTUNGSPERSPEKTIVE“
Pötsch, der in Personalunion den Aufsichtsrat des Wolfsburger Autokonzerns leitet, hob die Vorteile eines Börsengangs der Ertragsperle hervor. Dieser würde die finanzielle Flexibilität von Volkswagen erhöhen und die technologische und industrielle Transformation beschleunigen. Die Porsche AG würde ihrerseits größere unternehmerische Freiheiten erhalten und könnte trotzdem weiterhin die Synergien im Konzernverbund nutzen. Bei einem Börsengang würde auch die Bewertung der Porsche AG am Kapitalmarkt sichtbar. Es entstehe zudem eine attraktive Bewertungsperspektive für Volkswagen. Von beidem profitiere auch die Porsche SE.
Finanzchef Lattwein sagte, die Holding plane zur Finanzierung der Porsche-Anteile derzeit keinen Verkauf von Volkswagen-Aktien. Laut der Grundsatzvereinbarung von VW und seinem Haupteigner soll die Porsche SE 25 Prozent zuzüglich einer Aktie der Stammaktien an der Porsche AG erwerben und erhielte damit eine Sperrminorität. Am Kapitalmarkt platziert werden sollen bis zu 25 Prozent der stimmrechtslosen Vorzüge und damit 12,5 Prozent des Gesamtkapitals. Etwa die Hälfte des Erlöses aus dem Börsengang soll als Sonderdividende an die Aktionäre fließen.
Durch diese Dividende bekommen die Familien einen Teil der benötigten Mittel für den Erwerb der Stammaktien. Bei einer Bewertung der Porsche AG mit 80 Milliarden Euro müssten die Familien einschließlich der vereinbarten Prämie rund 10,7 Milliarden für die angepeilte Beteiligung aufbringen. Aus der Sonderdividende würden der PSE dann rechnerisch rund 3,3 Milliarden Euro zufließen. Abzüglich einer Liquidität der PSE von zuletzt rund 900 Millionen Euro blieben 6,5 Milliarden, für die die Familienholding Schulden aufnehmen müsste.
PROGNOSESPANNE WEGEN UKRAINE-KRIEG BESONDERS WEIT
Angesichts der Unsicherheit durch den Ukraine-Krieg hält der Vorstand beim Gewinn 2022 sowohl einen Rückgang als auch einen deutlich Anstieg für möglich. Mit einem Nettogewinn zwischen 4,1 und 6,1 Milliarde Euro fällt die Prognosespanne diesmal besonders weit aus. Im vergangenen Jahr verdoppelte sich der Reingewinn, der sich im Wesentlichen aus der Beteiligung an Volkswagen speist, fast auf 4,6 (Vorjahr 2,6) Milliarden Euro.
Ukraine-Krieg könnte Börsenpläne für Porsche AG über den Haufen werfen
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