Frankfurt, 17. Nov – BASF-Chef Martin Brudermüller sieht China trotz der zunehmenden geopolitischen Spannungen weiter als Wachstumsmarkt für den Chemiekonzern. Es gebe dort aber „rote Linien“, die sich am hiesigen Wertesystem und den Unternehmensgrundsätzen orientierten, sagte er dem „Handelsblatt“ (Donnerstagausgabe). „Sind diese überschritten, dann geht es dort nicht weiter. Das gilt aber für jedes Land, für jeden Markt.“ In China baut der Chemieriese gegenwärtig für bis zu zehn Milliarden Euro einen neuen Verbundstandort in der südlichen Provinz Guangdong. Europa dagegen verliert Brudermüller zufolge als Standort kontinuierlich an Attraktivität, nicht nur gegenüber China, sondern auch im Vergleich mit den USA und dem Mittleren Osten.
„Europa verliert in vieler Hinsicht an Wettbewerbsfähigkeit. Bereits seit einer Dekade gibt es nur noch schwaches Wachstum. Jetzt geht es noch weiter bergab.“ Nach einem Verlust in Deutschland und einem Ergebniseinbruch im dritten Quartal hat BASF vor kurzem ein neues Sparprogramm angekündigt, das auch Stellenstreichungen vorsieht. Europa und insbesondere Deutschland sollen angesichts der sich verschlechternden Rahmenbedingungen in der Region im Fokus des Sparprogramms stehen. Mehr als die Hälfte der Kosteneinsparungen will BASF am Standort Ludwigshafen erzielen.
Aus Sicht Brudermüllers wird gegenwärtig völlig vernachlässigt, wie die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie signifikant verbessert werden könnte. Die Chemieindustrie etwa müsse sich in Europa auf Energiekosten einstellen, die langfristig gut dreimal so hoch sein werden wie in den USA. Hinzu komme eine „überbordende Regulierung“ im Rahmen des Green Deals der EU. „Mir macht daher Sorge, dass sich in diesem schwierigen, weil überregulierten Europa Investitionen längerfristig verlagern könnten, beispielsweise in die USA. Was spricht eigentlich noch für Investitionen in Europa?“
Über das bereits verkündete interne Sparprogramm von 500 Millionen Euro hinaus wolle BASF daher prüfen, welche Produkte künftig in Europa noch produziert werden könnten. „Hier stellt sich die Frage, ob vor allem Basisprodukte langfristig noch in Europa und Deutschland wettbewerbsfähig hergestellt werden können“, sagte Brudermüller der Zeitung.
Technologievorständin Melanie Maas-Brunner betonte allerdings auf einer Forschungspressekonferenz des Unternehmens, dass es BASF nicht darum gehe, seine Aktivitäten aus Europa wegzubewegen, sondern dort wieder stark und wettbewerbsfähig zu werden. Der Stammsitz Ludwigshafen sei das Herzstück in der Forschung des Konzerns. Für Forschung und Entwicklung plane BASF weiter Investitionen von rund 2,2 Milliarden Euro im Jahr. Der Vorstand prüfe aber angesichts des Sparprogramms, wie dieses Geld effektiver eingesetzt werden könne. „Wir wollen aber nicht gefährden, was in unserer Pipeline ist und in Zukunft sein wird.“
Standort Europa verliert für BASF an Zugkraft
Quelle: Reuters
Titelfoto: Bild von andreas N auf Pixabay
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