UPDATE Erlangen, 09. Nov – Mit dem Abflauen des Corona-Schnelltest-Booms baut der Medizintechnik-Konzern Siemens Healthineers seine Diagnostik-Sparte um. Nach der Einführung der zäh gestarteten „Atellica“-Labor-Plattform sollen die alten Systeme schneller vom Markt genommen werden als bisher geplant. Vorstandschef Bernd Montag will die Sparte, die gut ein Viertel zum Umsatz der Siemens-Tochter beisteuert, wettbewerbsfähiger machen. „Damit können wir uns auf weniger Standorte konzentrieren, und an einigen Stellen werden wir auch weniger Personal brauchen“, sagte Montag am Mittwoch in Erlangen. 350 bis 450 Millionen Euro will Siemens Healthineers dafür in den nächsten zwei Jahren in die Hand nehmen. Bis 2025 soll die Kostenbasis dadurch um 300 Millionen Euro sinken.
„Erste Bürgerpflicht ist, das Geschäft zu der Profitabilität zu führen, die in ihm steckt“, sagte Montag. „Widrige äußere Einflüsse“ wie Lieferengpässe und steigende Logistikkosten hätten an der Rendite im Geschäft mit Bluttests geknabbert. Ohne die Milliardenumsätze mit lukrativen Covid-19-Schnelltests, die aber nicht zum Kerngeschäft gehören, hinkt die Diagnostik-Sparte hinter den übrigen Bereichen her. Finanzvorstand Jochen Schmitz räumte ein, dass sie bis 2025 nur auf eine Umsatzrendite vor Zinsen und Steuern (Ebit-Marge) von acht bis zwölf Prozent statt der bisher erhofften 15 Prozent kommen werde. Der Umsatz soll in den nächsten drei Jahren nur noch um drei bis fünf (bisher: vier bis sechs) Prozent zulegen.
MONTAG: KEINE GRUNDSATZDEBATTE UM DIAGNOSTIK
Siemens hatte das Labor-Geschäft mit drei Zukäufen aufgebaut und zunächst die Laborsysteme von Diagnostic Products, Bayer und Dade Behring weiter verkauft. Nachdem von der Eigenentwicklung „Atellica“ inzwischen nicht nur die Version für Großlabore auf dem Markt ist, sondern auch eine Einzellösung, könne man die alten Systeme beschleunigt auslaufen lassen, sagte Schmitz. Auf eine Grundsatzdebatte um die Diagnostik wollte sich Vorstandschef Montag nicht einlassen – auch wenn sie kaum Synergien zu den drei übrigen Sparten – Bildgebung (Röntgen, MRT), Krebstherapien (Varian) und Operations-Roboter (Advanced Therapies) habe. „Die Diagnostik ist ein attraktives Geschäft. Es gibt keinen Grund, neue Fragen aufzuwerfen.“
Eine zweite Baustelle ist Corindus. Das für 1,1 Milliarden Dollar gekaufte US-Unternehmen, das robotergestützte Systeme für minimalinvasive Gefäß-Operationen anbietet, soll stärker auf die Neurologie, also etwa Schlaganfall-Behandlungen, ausgerichtet werden, weil das mehr Erfolg verspricht. „Wir prüfen die Rolle von Corindus innerhalb von Healthineers“, sagte Montag. Bisher lag der Schwerpunkt auf Herzoperationen. Wann Corindus schwarze Zahlen schreibe, sei zweitrangig, sagte Finanzchef Schmitz. Eigentlich war das spätestens für 2023 geplant.
Trotz der Abstriche in der Diagnostik hält Healthineers an den Umsatz- und Ertragszielen fest: Bis 2025 soll der Umsatz um sechs bis acht Prozent pro Jahr, das Ergebnis je Aktie um zwölf bis 15 Prozent im Jahr zulegen. Für das laufende Geschäftsjahr 2022/23 (per Ende September) rechnet der Vorstand mit Hilfe von Preiserhöhungen mit einem stabilen Umsatz und einem Nettogewinn je Aktie von 2,00 bis 2,20 Euro. Das ist zwar weniger als die 2021/22 erreichten 2,29 Euro je Aktie, da hatten aber allein die Tests auf den Corona-Erreger 55 Cent beigesteuert. Das sind 620 Millionen Euro – bei einem Umsatz von 1,5 (2020/21: 1,1) Milliarden.
Im abgelaufenen Jahr 2021/22 erreichte Siemens Healthineers die selbstgesteckten, zweimal erhöhten Ziele und übertraf die Analystenprognosen. Montag wertete das als „Zeichen der Stärke“. Der Umsatz stieg auf vergleichbarer Basis um sechs Prozent auf 21,7 Milliarden Euro, der Nettogewinn schnellte um 18 Prozent auf 2,05 Milliarden Euro. Die Dividende soll um zehn Cent auf 95 Cent steigen.
Siemens Healthineers plant Sparmaßnahmen in Diagnostik-Sparte
Quelle: Reuters
Titelfoto: Bild von Michal Jarmoluk auf Pixabay
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