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Scholz sieht neue Phase der Globalisierung weg vom Westen

Davos/Berlin, 26. Mai (Reuters) – Die Weltwirtschaft steht nach Angaben von Bundeskanzler Olaf Scholz vor einem Epochenbruch. In den nächsten 30 Jahre der Globalisierung werde man wegkommen von der Fixierung auf die Bedürfnisse der Märkte in Nordamerikaner und Europa, sagte Scholz am Donnerstag auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Die Länder auf der Südhalbkugel hätten sich zu leistungsfähigen Volkswirtschaften mit eigener Nachfrage entwickelt, „die denselben Wohlstand beanspruchen und um dieselben Güter konkurrieren wie wir.“ Damit gingen auch die Zeiten zu Ende, in denen es in Nordamerika und Europa lange verlässliches Wachstum, hohe Wertschöpfung und niedrige Inflation gegeben habe. 

Deshalb sei künftig mehr und nicht weniger internationale Zusammenarbeit nötig, sagte Scholz. Er erteilte Überlegungen für eine bipolare Welt mit den Supermächten USA und China als Führungsnationen eine klare Absage. Deshalb könne es auch keinen Anspruch auf chinesische Hegemonie in Asien geben, betonte Scholz, der Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang kritisierte. Die Welt werde vielmehr multipolar und multilateral mit vielen Kraftzentren. „Eine multipolare Welt ist keine regellose Welt“, sagte der Kanzler zugleich etwa mit Blick auf Russlands Angriff auf die Ukraine. Deshalb müssten gerade die Demokratien weltweit engerer zusammenarbeiten. 

Wichtig sei, dass sich die reichen westlichen Industrieländer solidarisch gegenüber den globalen Folgen „in Form drohender Hunger-, Rohstoff- und Inflationskrisen“ zeigten. Hintergrund ist die derzeitige Explosion der Energie- und Nahrungsmittelpreise auch infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine, unter denen Entwicklungsländer besonders leiden. „Wenn wir wollen, dass diese Länder auch in Zukunft Freiheit und Recht gemeinsam mit uns verteidigen, dann müssen wir uns auch ihren Sorgen gegenüber solidarisch zeigen“, sagte er und verwies auf seine Afrikareise in den vergangenen Tagen sowie deutsche Hilfe etwa bei der Impfstoffproduktion in Afrika. 

Scholz warnte zugleich vor einer schleichenden De-Globalisierung in der Welt. Es sei zwar richtig, dass Lieferketten in strategischen Bereichen diversifiziert werden müssten. „Zugleich müssen wir Acht geben, dass aus notwendiger Diversifizierung kein Vorwand wird für Abschottung, Zollschranken und Protektionismus“, fügte er hinzu. „Um es klar zu sagen: Die De-Globalisierung ist ein Holzweg.“ 

Scholz kritisierte zudem die Abschottung einzelne nationaler Agrarmärkte infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine. „Als G7 bekennen wir uns zu offenen Agrarmärkten“, sagte er zu den Beschlüssen der wichtigsten westlichen Industrienationen. „Exportrestriktionen sind jedenfalls keine Lösung. Sie untergraben die globale Ernährungssicherheit, sie gefährden Menschenleben.“ Hintergrund sind etwa Exportverbote, die Indien eingeführt hat. 

Für die Bundesregierung kündigte er an, dass alle für den CO2-neutralen Umbau der Wirtschaft nötigen Grundsatzentscheidungen noch in 2022 fallen sollen. „Wenn wir uns den Schneid in diesem Jahr abkaufen lassen, dann wird aus einem Jahr schnell fünf oder sechs. Das ist dann definitiv zu langsam.“ Denn man habe nur 25 Jahre für den CO2-neutralen Umbau der Wirtschaft, sagte er mit Blick auf die Klimaschutzziele.

Scholz sieht neue Phase der Globalisierung weg vom Westen

Copyright: (c) Copyright Thomson Reuters 2022

Titelfoto: Copyright [Ale_Mi] /Depositphotos.com

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