Samstag, April 20, 2024
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Scholz sichert Selenskyj Unterstützung zu – Kein Nato-Einsatz

Berlin/Kiew/Lwiw, 17. Mrz (Reuters) – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat am Donnerstag in einer live im Bundestag übertragenen Videobotschaft Vorwürfe gegen Deutschland erhoben und eindringlich um mehr Unterstützung gebeten. Die Bundesrepublik habe nicht genug getan, um den russischen Angriff auf sein Land zu verhindern, sagte Selenskyj. Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte als Reaktion auf die Rede, Selenskyj haben sich „mit eindrucksvollen Worten“ an den Bundestag gewandt. „Wir stehen den tapferen Ukrainern weiter bei, sich der russischen Aggression zu widersetzen“, sagte er und verwies auf Deutschlands finanzielle und militärische Hilfe. Mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg betonte Scholz erneut, dass die Nato nicht in den Konflikt eingreifen werde. 

Selenskyj sagte, Deutschland habe daran mitgewirkt, eine Mauer zu errichten, um die Ukraine zu isolieren und Russland auszuliefern. Als Beispiel nannte er das lange Festhalten an der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 und die Weigerung des Westens, der Ukraine eine Nato-Mitgliedschaft zu ermöglichen. Selenskyj bat Deutschland darum, der Ukraine einen EU-Beitritt zu ermöglichen und „nicht noch einen weiteren Stein in die Mauer zu setzen“.

Russland bombardiere seit drei Wochen Wohnviertel und Krankenhäuser. Bislang seien 108 Kinder getötet worden, „mitten in Europa, bei uns im Jahr 2022“. An Scholz richtete Selenskyj zum Ende seiner rund zehnminütigen Rede den an den Ausspruch des ehemaligen US-Präsidenten Ronald Reagan angelehnten Appell: „Reißen Sie diese Mauer nieder, unterstützen Sie uns.“

Der ukrainische Präsident bekräftigte seine Forderung nach einer Flugverbotszone, auch um eine Luftbrücke zur Evakuierung umkämpfter Städte einzurichten. Zugleich dankte er aber auch für die Unterstützung und erwähnte etwa die Wirtschaft, die die Sanktionen gegen Russland trage, und die vielen Helfer, die sich um die Flüchtlinge kümmern.

Selenskyj war auf zwei großen Bildschirmen zu sehen. Die Abgeordneten applaudierten zur Begrüßung und zum Abschied stehend. Die Opposition kritisierte scharf, dass es nach Selenskyjs Rede keine Ukraine-Debatte gab, sondern dass mit dem Thema Impfpflicht direkt zur Tagesordnung übergegangen wurde. Scholz äußerte sich zu Selenskys Rede vor einem anschließenden Gespräch mit dem Nato-Generalsekretär.

STOLTENBERG: KONFLIKT DARF NICHT WEITER ESKALIEREN

„Die Nato trägt die Verantwortung dafür, diesen Konflikt nicht weiter eskalieren zu lassen“, sagte Stoltenberg. „Putin setzt allein auf Gewalt“, kritisierte Scholz. Der russische Präsident löse entsetzliches Leid in der Ukraine aus. „Uns berührt auch das Schicksal der vielen jungen Russen, die von ihrer Führung in einen sinnlosen Krieg gegen den eigenen Nachbarn geschickt werden“, sagte Scholz. „Es ist wichtig, dass das Schicksal dieser jungen Menschen auch in Russland bekannt wird. Jeder in Russland muss wissen: Präsident Putin trägt für deren Tod oder Verwundung die alleinige Verantwortung.“

Der ukrainische Verteidigungsminister Olexii Resnikow appellierte an die Abgeordneten des Europaparlaments, Putin zum Kriegsverbrecher zu erklären. In einer Video-Schalte führte er Beispiele an, um seine Forderung zu untermauern. So habe Russland am Mittwoch ein Theater aus der Luft angegriffen, in dem 1200 Frauen und Kinder Zuflucht gesucht hätten. Dort wurde am Donnerstag nach Überlebenden gesucht. Russland weist Vorwürfe zurück, das Theater angegriffen zu haben.

Russland dementiert, Zivilisten ins Visier zu nehmen, und bezeichnet das Vorgehen in der Ukraine als militärischen Sondereinsatz zur Entnazifizierung des Nachbarlandes. Die USA und ihre Verbündeten sehen darin jedoch einen Vorwand für einen ungerechtfertigten Angriff auf die Ex-Sowjetrepublik. Angaben aus dem Kriegsgebiet lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Über drei Millionen Ukrainer sind seit dem russischen Einmarsch am 24. Februar geflohen, Tausende getötet worden.

BRITEN: RUSSISCHE TRUPPEN ERLEIDEN SCHWERE VERLUSTE 

Zu Beginn der vierten Kriegswoche hielten die Kämpfe vor allem um Städte wie Kiew und Mariupol an, und die Zahl der getöteten Zivilisten stieg nach ukrainischen Angaben weiter. Großbritannien zufolge soll der russische Vorstoß an allen Fronten ins Stocken geraten sein. Die russischen Streitkräfte erlitten schwere Verluste, hieß es unter Berufung auf Militärgeheimdienste.

Russland steckt nach Angaben des Kreml enorme Energie in die Gespräche mit der Ukraine über ein eventuelles Friedensabkommen, weist aber Darstellungen über deutliche Fortschritte zurück. „Unsere Delegation unternimmt kolossale Bemühungen“ und demonstriere dabei eine größere Einsatzbereitschaft als die ukrainische Seite“, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow. Zu einem Bericht der „Financial Times“, wonach beide Seiten bei einem vorläufigen Friedensplan erheblich vorangekommen sind, sagte Peskow: „Das ist nicht richtig – es gibt Elemente, die richtig sind, aber insgesamt ist es falsch.“

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Copyright: (c) Copyright Thomson Reuters 2022

Titelfoto: Symbolfoto

Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.

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