Erfurt (dts Nachrichtenagentur) – Thrüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) schließt eine Koalition mit Sahra Wagenknechts BSW nach der Landtagswahl am 1. September nicht aus.
Ramelow sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS), nach den Umfragen hätten Linke, CDU und BSW derzeit „eine klare Mehrheit gegen die AfD“. „Das heißt nicht, dass ich Frau Wagenknecht plötzlich über die Maßen schätze. Ich finde den Personenkult, den sie betreibt, sehr fragwürdig. Und ich ärgere mich noch heute darüber, dass sie nie willens war, in unserer Partei ihren Veränderungsanteil zu leisten“, sagte Ramelow. Aber Wagenknecht kandidiere nicht in Thüringen, und sie wolle auch nicht Ministerpräsidentin werden. „Also schaue ich auf Frau Wolf und denke, sie hat eine gute Arbeit in Eisenach geleistet.“
Die BSW-Spitzenkandidatin Katja Wolf ist Oberbürgermeisterin der Stadt Eisenach. Ramelow sagte weiter, er habe Wolf am Tag der neuen Umfragen eine SMS mit dem Inhalt geschrieben: „Du bist in das BSW gegangen, weil Du nicht unter einem AfD-Innenminister aufwachen wolltest. Jetzt könntest Du selber Innenministerin werden. Aber dafür musst Du auch kämpfen.“ Darauf habe Wolf bislang nicht geantwortet.
Mit Blick auf die Thüringer CDU sagte Ramelow, es sei „unehrlich“, dass die CDU eine Zusammenarbeit mit der Linken weiter ausschließe, sich ein Bündnis mit dem BSW aber offenhalte. „Wenn wir die Biografien von Frau Wagenknecht und mir vergleichen, ist die Frage, wer der `Mauerschützen-Partei` nähersteht, schnell beantwortet.“ Dasselbe gelte für die BSW-Spitzenkandidatin Wolf. „Es ist also lächerlich zu sagen, die Linke ist der Teufel, aber für das BSW haben wir keinen Unvereinbarkeitsbeschluss“, sagte Ramelow.
Dass der frühere Thüringer Staatskanzleichef und spätere CDU-Innenminister Andreas Trautvetter Grenztruppenoffizier gewesen sei, zeige „die ganze Absurdität der Haltung in der CDU“. Ramelow kritisierte auch scharf das geplante Fernsehduell des Thüringer CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt mit dem AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke. „Damit begegnet man Herrn Höcke auf Augenhöhe und bietet ihm ein Podium, das er selbst meidet.“ Höcke gebe den klassischen Journalisten keine Interviews mehr und missachte die demokratische Kultur, so Ramelow. Daraus sollte man für den Umgang mit ihm Konsequenzen ziehen. „Vor allem, wenn man sich ansieht, wie Höckes weiteres Umfeld die blaue Meute aufhetzt, jetzt gerade gegen den armen Schulleiter in Mecklenburg-Vorpommern, der wegen rechten Postings einer Schülerin die Polizei gerufen hat. Das ist erbärmlich, das ist zum Kotzen, da könnte ich heulen vor Wut, wie entwürdigend man dort mit dem Schulleiter umgeht.“
Ramelow sagte auch, er fühle sich von der Öffentlichkeit unfair behandelt – nicht nur wegen seiner weiterhin hohen persönlichen Zustimmungswerte. Ramelow hatte bei einer Erfurter „Fuck up“-Night vor Kurzem über ein Treffen in der App „Clubhouse“ im Jahr 2021 berichtet. Bei diesem hatte er zugegeben, dass er in MPK-Sitzungen während der Corona-Pandemie manchmal „Candy Crush“ auf seinem Handy gespielt hatte und die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel „Merkelchen“ genannt. Zu diesen Äußerungen hatte Ramelow jetzt bei der „Fuck up-Night“ gesagt, er habe während des Clubhouse-Treffens wohl zu viel Bier getrunken.
„Ich habe an der „Fuck-up-Night“ teilgenommen, weil ich es richtig fand, dass Politiker auch mal über ihre inneren Nöte reden“, sagte Ramelow dazu jetzt der FAS. „Vereinbart war, dass nicht darüber berichtet wird. Und noch während ich rede, schreibt ein Journalist `der betrunkene Ministerpräsident`. Das ist das Problem: Du öffnest dich und gestehst: Da ging`s mir scheiße. Und dann wirst du dafür hingehängt und am nächsten Tag von allen Journalisten gefragt: Na, haben Sie wieder Alkohol mit? Glauben Sie mir: In der Haut von Politikern möchten Sie nicht stecken.“
Foto: Bodo Ramelow am 22.03.2024, via dts Nachrichtenagentur
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