Kiew, 01. Jul (Reuters) – Bei neuen russischen Raketenangriffen sind in der Nähe der südukrainischen Hafenstadt Odessa nach Behördenangaben mindestens 18 Menschen getötet worden. Dutzende weitere Menschen wurden demnach verletzt. Eine der Raketen habe in der Nacht ein Wohngebäude in einem Dorf im Bezirk Bilhorod-Dnistrowskyj getroffen, teilte ein Vertreter des Zivilschutzes am Freitag mit. Allein dabei seien 16 Menschen ums Leben gekommen. Rettungskräfte suchten in den Trümmern nach Überlebenden. Weitere Raketen schlugen der Regionalverwaltung zufolge zudem in zwei Ferienanlagen in der Nähe ein. Gouverneur Maxym Martschenko sprach zunächst von insgesamt 18 Toten sowie 31 Verletzten, die in Krankenhäusern versorgt würden. Die russischen Truppen hätten Raketen aus alten Sowjetbeständen benutzt und vom Schwarzen Meer aus abgefeuert, sagte er.
Russland hat in den vergangenen zwei Wochen die Zahl der Raketenangriffe in etwa verdoppelt und dabei nach ukrainischen Angaben bei mehr als der Hälfte der Angriffe ungenaue Raketen aus der Sowjetära eingesetzt. Diese alten Raketen sollen auch am Montag eingesetzt worden sein, als bei einem russischen Angriff ein Einkaufszentrum in der Stadt Krementschuk getroffen worden war und dabei mindestens 19 Menschen umkamen. Russland hatte bestritten, dass Einkaufszentrum angegriffen zu haben, sondern ein Waffenlager. Seit Beginn der russischen Invasion sind Tausende Zivilisten in der Ukraine getötet worden. Russland bestreitet ukrainische Vorwürfe, zivile Ziele anzugreifen.
Am Donnerstag hatten sich die russischen Streitkräfte von der strategisch wichtigen Schlangeninsel vor Odessa zurückgezogen, die sie kurz nach Kriegsbeginn erobert hatten. Während Russland den Abzug als eine „Geste des guten Willens“ im Zusammenhang mit den internationalen Bemühungen für Getreide-Exporte aus ukrainischen Schwarzmeer-Häfen bezeichnete, sprach der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von einem „strategischen Sieg“. Er garantiere noch keine Sicherheit. „Es ist noch nicht sichergestellt, dass der Feind nicht zurückkommt“, sagte er in seiner nächtlichen Videoansprache. Aber dies schränke die Aktionen der Besatzer erheblich ein. „Schritt für Schritt werden wir sie von unserem Meer, unserem Land und unserem Himmel zurückdrängen.“
UKRAINE – LYSSYTSCHANSK WEITER UNTER SCHWEREM BESCHUSS
Im Osten hielten die schweren Kämpfe um die Stadt Lyssytschansk unvermindert an. Die Stadt liege aus verschiedenen Richtungen unter Artilleriebeschuss, während sich die russische Armee von mehreren Seiten nähere, sagte der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, im Fernsehen. Die Überlegenheit der russischen Feuerkraft sei nach wie vor deutlich zu spüren, sagte Präsident Selenskyj. „Sie haben einfach alle ihre Reserven eingesetzt, um uns zu treffen.“ Die russischen Streitkräfte versuchen, die letzte größte ukrainische Bastion in der Region Luhansk einzukesseln, nachdem sie kürzlich nach wochenlangen schweren Kämpfen die Nachbarstadt Sjewjerodonezk auf der anderen Flussseite eingenommen hatten.
Dort wagten sich die Bewohner aus den Kellern, in denen sie Schutz gesucht hatten und durchsuchten die Trümmer der zerstörten Stadt nach allem Brauchbaren. „Fast die gesamte Infrastruktur der Stadt ist zerstört. Wir leben seit Mai ohne Gas, Strom und Wasser“, sagte ein 65-jähriger Einwohner zu Reuters. „Wir sind froh, dass es vorbei ist, und vielleicht beginnt bald der Wiederaufbau, und wir werden wieder ein mehr oder weniger normales Leben führen können.“ Luhansk bildet gemeinsam mit der Region Donezk den Donbass in der Ostukraine. Russland hat eine Eroberung dieses Gebietes als ein Hauptziel bezeichnet. Hier entwickeln sich die Kämpfe zu einem Zermürbungskrieg mit hohen Verlusten auf beiden Seiten. Die russischen Truppen kommen nur langsam voran.
Bei den Kämpfen im Süden haben die ukrainischen Streitkräfte nach eigenen Angaben 35 russische Soldaten getötet. Zudem seien zwei Panzer und vier gepanzerte Fahrzeuge außer Gefecht gesetzt worden, teilte das Militär auf Facebook mit. Die ukrainischen Streitkräfte hielten nicht nur die Verteidigungslinien, sondern führten auch Einsätze zur Befreiung der besetzten Städte in der Region Cherson durch, teilte der Gouverneur der Region Kriwij Rih, Olexander Wilkul, über den Kurznachrichtendienst Telegram mit. Die Stadt Potjomkin sei zurückerobert worden. Die Angaben aus den Kampfgebieten sind kaum unabhängig überprüfbar.
Mindestens 18 Tote bei Raketenangriffen in Region Odessa
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