Meseberg/Berlin, 04. Mai (Reuters) – Bundesfinanzminister Christian Lindner sieht das wirtschaftliche Umfeld durch den russischen Angriff auf die Ukraine komplett auf den Kopf gestellt. „Das Geschäftsmodell Deutschland verändert sich“, sagte der FDP-Vorsitzende am Mittwoch im brandenburgischen Meseberg nach der Kabinettsklausur der Bundesregierung. Er verwies auf die starke Abhängigkeit vom internationalen Handel und von fossilen Energien aus Russland. Das geänderte Umfeld zeige sich bereits in geringeren Wachstumserwartungen bei gleichzeitig hoher Inflation.
Um die Probleme vieler Menschen abzufedern, habe die Regierung zwei Entlastungspakete geschnürt, sagte Lindner. Das sei ein Beitrag, um die gefühlte Inflation zu dämpfen. Vor den anstehenden Tarifverhandlungen gebe es den Wunsch, die geringere Kaufkraft vieler Menschen durch höhere Löhne auszugleichen.
„Das ist ein ernstzunehmendes Anliegen“, so Lindner. Er lehnte es aber ab, den Tarifpartnern Empfehlungen zu geben. Sie hätten in den vergangenen Jahren eine sehr kluge Politik gemacht und sich bei ihren Forderungen immer auch am Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) orientiert, das bei zwei Prozent liegt. Der Staat werde seinen Beitrag leisten und sehr sorgsam mit seinen Mitteln umgehen, um die Inflation nicht zusätzlich etwa durch Subventionen noch anzuheizen.
In Deutschland lag die Teuerungsrate im April angetrieben von stark steigenden Lebensmittel- und Energiepreisen bei 7,4 Prozent. Dies ist der höchste Stand seit Oktober 1981.
Ökonomen warnen vor einer Lohn-Preis-Spirale, die zu einer Dauer-Inflation führen könnte. Die Analysten der Deutschen Bank betonten in einer Studie diese Woche, die Gefahr dafür sei real. Sie verwiesen auf die jüngste Forderung der IG Metall, in der kommenden Tarifrunde für die Beschäftigten der Stahlindustrie 8,2 Prozent mehr Lohn anzustreben – bei einer Laufzeit von nur zwölf Monaten. „Natürlich sind Forderungen noch keine Einigung“, so die Analysten, sonstige Forderungen würden aber klar übertroffen. In normalen Zeiten lägen die Einigungen oft bei etwa der Hälfte der ursprünglichen Forderungen. „Aber diese Zeiten sind nicht normal.“
Lindner sieht völlig anderes Wirtschaftsumfeld – Ökonomen warnen vor Dauer-Inflation
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Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.