Sonntag, Dezember 22, 2024
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Krieg könnte deutsches Wirtschaftswachstum 2022 halbieren

Berlin, 11. Mrz (Reuters) – Der russische Einmarsch in die Ukraine und die Sanktionen des Westens könnten das Wirtschaftswachstum in Deutschland 2022 etwa halbieren. So könnte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um zwei Prozentpunkte weniger zulegen, wie am Freitag aus einer Modellrechnung der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung hervorgeht.

Die Bundesregierung hat bisher einen BIP-Anstieg um 3,6 Prozent vorhergesagt. Während der Internationale Währungsfonds (IWF) ankündigte, wegen des Kriegs die Prognose für die Weltwirtschaft bald zu senken, kappten die deutschen Maschinenbauer deshalb bereits ihre Schätzung. „Statt eines ursprünglich erwarteten Zuwachses von real sieben Prozent rechnen wir nun für das laufende Jahr nur noch mit einem Produktionsplus von vier Prozent“, sagte der Präsident des Branchenverbandes VDMA, Karl Haeusgen.

Im vergangenen Jahr hatten die Hersteller von Maschinen „Made in Germany“ mit mehr als einer Million Beschäftigten noch ihre Produktion um 6,4 Prozent gesteigert. Die Prognose für 2022 stehe unter dem Vorbehalt, dass der Krieg nicht lange dauern und es keinen Energieschock geben werde, sagte Haeusgen. „Wenn diese Kombination zustande kommt, spielen wir auf einem ganz anderen Spielfeld.“

Der Krieg werde sich im Maschinen- und Anlagenbau deutlich auswirken und die noch nicht überwundenen Lieferengpässe abermals verschärfen. Laut VDMA-Umfrage betrachteten 85 Prozent von knapp 550 befragten Betrieben den Krieg als gravierendes oder merkliches Risiko für ihr Geschäft.

Die russische Invasion hat bereits die Energiepreise massiv erhöht und treibt die ohnehin schon hohe allgemeine Teuerung weiter noch oben. „Die Inflation steigt auf sieben Prozent“, sagte Studien-Ko-Autor Enzo Weber der Nachrichtenagentur Reuters. „Vor allem einkommensschwache Haushalte sollten bei den Energiekosten unterstützt werden.“ Denn ihnen fehlten finanzielle Reserven, um höhere Kosten abzupuffern, sagte der Fachmann vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). 

Die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland würde nach den Modellberechnungen um 140.000 gedämpft. Betroffen wären demnach vor allem das Verarbeitende Gewerbe und die Leiharbeit sowie Jobs auf Fachkraft- und Helferniveau. Investitionen in Deutschkenntnisse, Qualifikation und Integration von Geflüchteten könnten deren Erfolgsaussichten auf dem Arbeitsmarkt laut Weber stark verbessern. Die Forscher legten die Annahme zugrunde, dass sich die Einwohnerzahl Deutschlands durch den Krieg 2022 um 600.000 und 2023 um weitere 150.000 Menschen erhöht. Dabei wird unterstellt, dass die Hälfte der Ankommenden im arbeitsfähigen Alter sein wird.

OSTAUSSCHUSS WARNT VOR VERSORGUNGSENGPASS BEI ERDGAS

Einen stärkeren Wirtschaftseinbruch erwarten die Forscher für den Fall, dass russische Gas-, Öl- und Kohleimporte gestoppt würden. „Ein Lieferstopp russischer Energie würde kurzfristig die BIP-Verluste verdoppeln und die Inflation auf zehn Prozent steigen lassen“, sagte Weber. Auch die Ökonomen der Deutschen Bank hatten sich jüngst skeptisch geäußert.

Der Ostausschuss der deutschen Wirtschaft warnt derweil vor einem Importstopp für russisches Erdgas. „Ein kurzfristiger Stopp der Erdgaseinfuhren würde ganze Industriezweige und die Versorgung der Haushalte mit Strom und Wärme massiv gefährden.“ sagte Verbandschef Oliver Hermes. Anders als bei Erdöl und Kohle gebe es bei Erdgas kurzfristig keine Alternativen. 

IWF-Chefin Kristalina Georgiewa hatte am Donnerstag erklärt, der Welthandel habe sich abgeschwächt und die Lebensmittel- und Energiepreise seien drastisch gestiegen. Russland drohe wegen der Sanktionen in diesem Jahr eine „schwere Rezession“. Ein Zahlungsausfall Russlands gelte nicht mehr als unwahrscheinlich. Im Januar hatte der IWF für 2022 mit einen globalen Wirtschaftswachstum von 4,4 Prozent gerechnet. Das waren bereits 0,5 Punkte weniger als im Oktober gedacht. 

Krieg könnte deutsches Wirtschaftswachstum 2022 halbieren

Copyright: (c) Copyright Thomson Reuters 2022

Titelfoto: Symbolfoto

Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.

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