Berlin, 14. Dez – Mini-Minus statt rauer Rezession: Der befürchtete Einbruch wegen Energiekrise, Materialmangel und hoher Inflation bleibt der deutschen Wirtschaft nach Prognose des Ifo-Instituts im kommenden Jahr erspart. Das Bruttoinlandsprodukt werde lediglich um 0,1 Prozent sinken, sagen die Münchner Forscher in ihrem am Mittwoch veröffentlichten Ausblick voraus. „Die erwartete Winterrezession wird milder ausfallen als bislang angenommen“, sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmerhäuser angesichts staatlicher Hilfen wie der Strom- und Gaspreisbremse, voller Auftragsbücher in der Industrie sowie abnehmender Lieferengpässe. „In den beiden Quartalen des Winterhalbjahres 2022/23 schrumpft das Bruttoinlandsprodukt zwar, aber danach geht es wieder aufwärts.“
Pessimistischer blickt das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) auf das kommende Jahr: Es rechnet mit einem deutlich größeren Rückgag des Bruttoinlandsprodukts von etwa 0,75 Prozent. Verglichen mit den Prognosen vor dem russischen Überfall auf die Ukraine werde die reale Wirtschaftsleistung Ende 2023 um fast fünf Prozent niedriger liegen. „Die Volkswirtschaft als Ganzes ist mit einem gewaltigen Wohlstandsverlust konfrontiert“, sagte IW-Konjunkturexperte Michael Grömling.
Für das zu Ende gehende Jahr erhöhte das Ifo seine Wachstumsprognose von 1,6 auf 1,8 Prozent. „Insbesondere das dritte Quartal 2022 war mit plus 0,4 Prozent viel besser als gedacht“, erläuterte Wollmershäuser. 2024 soll das Plus dann mit 1,6 Prozent ähnlich hoch ausfallen. „Inflation und Lieferkettenprobleme dürften ihren Höhepunkt allmählich überschreiten und den Weg für eine Belebung freimachen“, zeigte sich auch der Vorstand des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Andreas Martin, optimistische. „Hierfür sprechen die gefüllten Gasspeicher, die beschlossenen staatlichen Energiekosten-Entlastungsmaßnahmen sowie die nach wie vor soliden Industrie-Auftragsbestände.“
ENERGIEPREISBREMSEN DRÜCKEN INFLATION
Ein wenig Entwarnung geben die Ifo-Ökonomen bei der Inflation: Die Verbraucherpreise dürften 2023 mit 6,4 Prozent nicht nur langsamer steigen als im zu Ende gehenden Jahr mit 7,8 Prozent, sondern auch weit geringer als bislang mit 9,3 Prozent geschätzt. „Beide Zahlen sind deutlich niedriger als noch im Herbst angenommen, weil sie nun die Strom- und Gaspreisbremse berücksichtigen“, hieß es zu Begründung. Mit der staatlichen Hilfe werden Haushalte entlastet von den infolge des russischen Krieges gegen die Ukraine stark gestiegenen Energiekosten. 2024 soll die Teuerungsrate dann auf 2,8 Prozent fallen.
Die stark steigenden Preise dürften vor allem in den kommenden Monaten die verfügbaren Realeinkommen der privaten Haushalte sinken lassen und damit die Konjunktur abkühlen. „Erst ab der zweiten Jahreshälfte dürften die Einkommen im Verlauf wieder stärker zulegen als die Preise und damit der private Konsum an Fahrt aufnehmen“, erklärte das Ifo-Institut.
Die Kurzarbeit dürfte im Winterhalbjahr vorübergehend wieder steigen, gleichzeitig der Beschäftigungsaufbau weitestgehend zum Erliegen kommen. Der Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen dürfte sich von etwa 554.000 im zu Ende gehenden auf 77.000 im nächsten und 80.000 im übernächsten Jahr verlangsamen. Die Arbeitslosigkeit soll 2023 um 84.000 Personen steigen, 2024 aber wieder um 117.000 sinken. „Bei allem wird unterstellt, dass es in den kommenden beiden Jahren zu keiner Gasmangellage kommt“, betonte das Ifo-Institut.
Ifo sagt deutscher Wirtschaft 2023 nur Mini-Minus voraus
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von Chokniti Khongchum auf Pixabay
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