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Hoffen auf Novavax – Kann der neue Impfstoff Skeptiker umstimmen?

Berlin, 14. Feb (Reuters) – Die bislang verfügbaren Covid-19-Impfstoffe waren Benedikt Richter nie ganz geheuer. Der 40-jährige Lehrer aus Kaiserslautern wehrte sich lange gegen die Spritze, da er die neuartige mRNA-Technologie der am häufigsten verwendeten Vakzine mit Unbehagen betrachtete. Es wurde noch schlimmer, als seine Schwägerin einen Tag nach ihrer zweiten Impfung mit einer Herzmuskelentzündung als seltene Nebenwirkung ins Krankenhaus kam.

Doch als die EU im Dezember den Novavax-Impfstoff Nuvaxovid genehmigte, wurde Richter plötzlich hellhörig: Hier handelt es sich um ein Mittel, bei dem eine seit langem etablierte Technologie auf Protein-Basis statt mRNA zum Einsatz kommt. „Ich habe nachgeforscht und habe jetzt ein etwas besseres Gefühl dabei“, sagt der zweifache Familienvater.

Die rekombinante Proteintechnologie wird seit Mitte der 1980er in Impfstoffen eingesetzt. Erfahrungen mit Protein-Impfstoffen gibt es bereits seit längerem, etwa beim Einsatz gegen Grippe oder Hepatitis B. Nun besteht die Hoffnung, dass die Nutzung dieser bewährten Technologie mehr Skeptiker zur Impfung bewegen kann. Von Reuters gesammelten Daten deuten darauf hin.

Einige Bundesländer haben bereits Wartelisten für Novavax-Impfungen eingerichtet. So stehen etwa in Rheinland-Pfalz mehr als 14.300 Interessierte in der Schlange. Bei einer privaten Berliner Impfstelle sind nach eigenen Angaben rund 3000 Menschen angemeldet. „Die Zahl ist gigantisch“, betont Daniel Termann, Arzt beim Impfzentrum Historische Fabrik im Moabiter Kiez der Hauptstadt. „Wir sind selbst erstaunt, wie viele Leute sich angemeldet haben.“

Eine aktuelle Umfrage der Universität Erfurt widerspricht allerdings einer deutlich größeren Impfbereitschaft. Zwar würden ungeimpfte Deutsche den proteinbasierten Impfstoffen etwas mehr vertrauen als den mRNA-basierten Alternativen. Das Vertrauen sei jedoch generell ziemlich gering.

Fast zwei Drittel der Befragten lehnten der Umfrage zufolge eine Impfung komplett ab. Dies lässt darauf schließen, dass nur ein kleiner Teil der Ungeimpften eine Novavax-Impfung überhaupt in Betracht ziehen würde. „Wir sind nicht davon überzeugt, dass der Novavax-Impfstoff ein Gamechanger wird“, erklärt Lars Korn, Mitautor der Studie.

Problematisch ist zudem die Frage der Versorgung mit dem Vakzin. Deutschland soll einem Sprecher des Gesundheitsministeriums zufolge 2022 bis zu 34 Millionen Nuvaxovid-Dosen erhalten. Etwa 3,8 Millionen werden bis zum 20. März erwartet. Beschäftigte des Gesundheitswesens sollen vorrangig mit dem Vakzin im ersten Quartal versorgt werden, da für sie ab Mitte März eine Impfpflicht gelten soll.

Doch Novavax hat bisher nur einen kleinen Teil der geplanten zwei Milliarden Dosen weltweit bereitstellen können. Das Pharmaunternehmen sah sich kürzlich gezwungen, Lieferungen nach Europa, Indonesien und auf die Philippinen zu verschieben. Grund dafür war eine Kombination aus verzögerter Zulassung durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO), Exportbeschränkungen für seinen indischen Produktionspartner und einer späten Genehmigung einzelner Impfstoffchargen durch europäische Aufsichtsbehörden.

PER STICH IN DIE FREIHEIT

Es steht viel auf dem Spiel. Deutschland hat eine niedrigere Impfrate als viele andere westeuropäische Länder – lediglich 74,8 Prozent der Bevölkerung sind vollständig geimpft. Rund 20 Millionen Menschen bleiben also anfälliger für eine Covid-Erkrankung. In vielen Bundesländern haben Ungeimpfte Hausverbot in Geschäften, Restaurants oder Friseurläden.

Zahlreiche Menschen, die den mRNA-Impfstoffen misstrauen, haben mittlerweile auch die Nase voll von den Einschränkungen des öffentlichen Lebens. In einem Gruppenchat auf dem Messenger-Dienst Telegram spielten einige der mehr als 1500 Mitglieder mit dem Gedanken, sich impfen zu lassen, einfach um die Corona-Beschränkungen zu umgehen.

Richter muss jeden Tag vor dem Unterricht einen Schnelltest machen. Er hat sich sogar selbst beigebracht, seine Haare zu schneiden. Seine Hauptmotivation, um sich eventuell impfen zu lassen, ist schlicht: Er will nur seine Freiheit zurückgewinnen.

Er vermisse die Saunabesuche, die ihn durch die dunklen deutschen Winter bringen, und würde gerne wieder mit seinen Kindern schwimmen gehen. „Ich habe zwei Kinder, und die sind auch meinetwegen eingeschränkt.“ Wenn er sich am Ende doch für den Novavax-Impfstoff entscheidet, stellt er klar, dann nicht aus Überzeugung – sondern wegen des Drucks von außen. 

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