Berlin, 08. Mrz (Reuters) – Die beiden grün geführten Bundesministerien für Wirtschaft und Umwelt haben sich gegen eine Verlängerung der Laufzeit der noch verbliebenen drei Atomkraftwerke über das Jahresende hinaus ausgesprochen. Im Ergebnis einer Abwägung von Nutzen und Risiken sei eine Verlängerung auch angesichts der aktuellen Gaskrise nicht zu empfehlen, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten gemeinsamen Bewertung beider Häuser nach einer Prüfung.
Es müsse jetzt vielmehr darum gehen, die Energieversorgung auf robustere Säulen zu stellen und die Importabhängigkeit von Russland konsequent zu reduzieren sowie den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben.
Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte sich zuvor bereits auf RTL/ntv gegen eine Verlängerung ausgesprochen. „In dieser Abwägung haben wir eine minimale Mehrproduktion an Strom für maximal hohe Sicherheitsrisiken“, sagte er.
„Und deswegen bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass dieser Weg der falsche ist.“ Habeck hatte vor einigen Tagen einen Weiterbetrieb der drei Meiler über den 31. Dezember hinaus nicht grundsätzlich ausgeschlossen und eine Prüfung angekündigt. Eine Verlängerung der Laufzeiten wäre vor allem für die Grünen als Anti-Atompartei politisch heikel.
In dem Gutachten werden mehrere Gründe für die Entscheidung angeführt. So würde eine längere Laufzeit wegen der nötigen Befüllung mit neuen Brennstäben erst ab Herbst 2023 zu zusätzlichen Strommengen führen. Es sei unklar, in welchem Umfang aufgrund von Sicherheitsüberprüfungen Nachrüstanforderungen entstünden.
Außerdem verwerfen beide Ressorts die Vorstellung einer nur kurzfristigen Verlängerung der Betriebserlaubnis.
„Aufgrund des notwendigen Mehraufwands in Folge der umfangreichen Sicherheitsüberprüfung und des Wiederschulens von Personal bei den Kraftwerken und den Überprüfungsbehörden ist eine Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke nicht bloß um 2-3 Jahre, sondern für mindestens drei bis fünf Jahre notwendig, um den Aufwand wirtschaftlich zu rechtfertigen“, heißt es.
Beide Ministerium sind aber der Meinung, dass trotz der „Gasmangellage“ bis 2028 auch andere Möglichkeiten zur Verfügung stünden, um eine ausreichende Stromversorgung zu garantieren. Der energiewirtschaftliche Mehrwert einer Laufzeitverlängerung sei deshalb sehr begrenzt.
Auch verfassungsrechtlich müsse man verlängerte Laufzeiten einer „umfassenden neuen Risiko- und Güterabwägung des Gesetzgebers“ unterwerfen, hieß es. „Die zu erwartenden Klagen gegen eine mögliche Laufzeitverlängerung hätten vor diesem Hintergrund durchaus aussichtsreiche Erfolgschancen.“ Zudem hätten die Kernkraftwerksbetreiber bereits mitgeteilt, dass der Staat die Risiken und Kosten für eine Verlängerung der Laufzeiten übernehmen müsse.
Grünen-Ministerien lehnen AKW-Laufzeitverlängerung ab
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