Dienstag, November 5, 2024
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Fresenius in der Krise – Investoren fordern nun rasch Klarheit

Frankfurt, 06. Dez – Beim lange erfolgsverwöhnten Gesundheitskonzern Fresenius steigt der Druck auf dem Kessel. Die Vorstandschefin der Dialysetochter FMC, Carla Kriwet, muss nach nur zwei Monaten im Amt gehen, wegen strategischer Differenzen. Von Fresenius-Chef Michael Sen, der zeitgleich mit Kriwet im Oktober antrat, erwarten Investoren nun möglichst schnell Klarheit über den Kurs des Konglomerats – und vor allem eine grundlegende Überprüfung von FMC. „Man muss sich Gedanken machen, ob die jetzige Konzernstruktur noch sinnvoll ist“, sagt Fondsmanager Florian Oberhofer von Union Investment. „Wir wünschen uns einen Zeitplan, wie es weitergeht und wann, das würde schon helfen.“

Sen blieb schmallippig und erklärte nur, dass FMC sich noch stärker auf den „operativen Turnaround“ fokussieren müsse. Der ehemalige E.ON- und Siemens-Vorstand, der dort jeweils für die Abspaltung von Firmenteilen verantwortlich war, hatte bei seinem Antritt bei Fresenius verkündet, dass der Konzern ein „Reset“ und grundlegende Veränderungen brauche. Um bei FMC aufzuräumen, hatte Kriwet, die vom Hausgerätekonzern BSHROBG.UL kam, ihren Posten drei Monate früher übernommen – eigentlich hätte die 51-Jährige erst im Januar starten sollen. Letztendlich habe Sen nicht die nötige Geduld mit Kriwet aufgebracht, die akribisch an einer Bestandsaufnahme arbeitete und einen tiefgreifenden Umbau angehen wollte, sagte eine Person aus ihrem Umfeld.

„Es besteht sehr viel Druck von allen Seiten“, sagt Cornelia Zimmermann, die bei der Fondsgesellschaft Deka als Expertin für Corporate Governance fungiert. „Bei der ganzen Aufregung muss man aufpassen, dass man sachlich und vernünftig an dieses Thema rangeht. Wir hoffen auch, dass daran der neue Investor nichts ändert“, merkt sie mit Blick auf den Hedgefonds Elliott an, der Insidern zufolge bei Fresenius eingestiegen ist. Er drängt bei Sen auf eine Herausnahme von FMC aus der Bilanz, etwa durch den Verkauf eines Teils der FMC-Aktien. Die Fresenius SE & Co KGaA hält zwar nur 32 Prozent an der Tochter, muss sie aber wegen der Machtverhältnisse in der KGaA-Struktur voll konsolidieren.

Bei der Deka, nach Refinitiv-Daten der elftgrößte Fresenius-Aktionär, würde eine Aufspaltung weniger gut ankommen: „Wir sind keine Fans von ganz großen drakonischen Maßnahmen“, betont Zimmermann. „Anstelle eines Verkaufs sollte man FMC durchdenken und in alle Richtungen überlegen, was machbar wäre.“ Die Tochter sei aber die „zentrale Baustelle“ von Fresenius. FMC hatte sich zuletzt immer mehr zum Bremsklotz entwickelt. Vor allem der Mangel an Pflegekräften in den USA bremste die Erholung nach der Corona-Pandemie. FMC – und damit auch Fresenius – mussten schon zweimal ihre Gewinnprognose für dieses Jahr senken.

„FÜNF UNBEFRIEDIGENDE JAHRE“ – UND JETZT?

Die Erwartungen an Sen sind hoch. Sein Vorgänger Stephan Sturm, der seit 2005 Finanz- und seit 2016 Vorstandschef war, hatte die komplexe Konzernstruktur – zu der neben FMC auch die Klinikkette Helios, die Medikamentensparte Kabi und die Dienstleistungssparte Vamed gehören – bereits auf den Prüfstand gestellt. Im Februar zog er Börsengänge von Helios und Vamed in Betracht und zeigte sich erstmals auch für einen Verkauf des FMC-Anteils offen. Doch er verlor den Rückhalt im Aufsichtsrat: Ende September musste Sturm vorzeitig gehen und wurde von Kabi-Chef Sen abgelöst.

„Das waren unbefriedigende fünf Jahre für Investoren. Bis heute ist nicht wirklich operativ eine Wende gelungen, auch nicht im Aktienkurs“, blickt ein Top-10-Investor von Fresenius zurück auf die Ära Sturm. „Der Druck wird jetzt steigen.“ Ziel müsste ein fokussierteres Unternehmen sein, dessen Umsatz und Rendite wieder wachsen. „Wir erwarten, dass zumindest zwei Geschäftsbereiche auf den Prüfstand kommen und entschieden wird, ob ein Komplett- oder Teilverkauf Sinn macht.“

Die Analysten der UBS haben mehrere Szenarien für den FMC-Anteil durchgespielt. Sie halten es für wahrscheinlich, dass Sen die Beteiligung wegen des niedrigen Aktienkurses nicht vor einer Trendwende bei dem Blutwäschespezialisten verkauft. „Eine alternative und aus unserer Sicht faire Lösung könnte darin bestehen, die FMC-Beteiligung direkt an die Fresenius-Aktionäre auszuschütten und ihnen die Wahl zu lassen, zum aktuellen Marktpreis zu verkaufen oder auf eine Trendwende zu warten.“

NIEDRIGER FMC-AKTIENKURS ERSCHWERT TRENNUNG

Auch für Fondsmanager Oberhofer von Union Investment ist die Zukunft von FMC das vordringlichste Problem. „Eine Abspaltung von FMC würden wir begrüßen. Aber ob es der richtige Zeitpunkt ist, ist fraglich, denn auch FMC ist viel günstiger bewertet als noch vor zwei Jahren, und das Geschäftsumfeld sehr schwierig.“ Auch hinter Vamed könne man ein Fragezeichen stellen. „Helios ist ein gutes Geschäft, und auch Kabi ist kein schlechtes. Die erste Frage ist aber: Was macht man mit FMC? Ich erwarte, dass Sen die Probleme angeht und Klarheit schafft zwischen Mutter und Tochter.“

Fresenius in der Krise – Investoren fordern nun rasch Klarheit

Quelle: Reuters

Titelfoto: Symbolfoto

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