Berlin, 01. Sep – Die deutsche Chemieindustrie blickt angesichts der Energiekrise so düster in die Zukunft wie seit über 30 Jahren nicht. Das Barometer für die Geschäftsaussichten in den kommenden Monaten brach im August um zehn auf minus 55 Punkte ein, wie das Münchner Ifo-Institut am Donnerstag zu seiner monatlichen Unternehmensumfrage mitteilte. „Das ist der schlechteste Wert seit 1991“, betonten die Forscher. Noch stärker sackte die Bewertung der aktuellen Geschäftslage ab: Hier ging das Barometer von plus 22 auf minus acht Punkte zurück. Damit bewerten die Firmen erstmals seit fast zwei Jahren ihre Lage wieder negativ. Dadurch stürzte das Geschäftsklima ab, dass sich aus Lage und Erwartungen zusammensetzt: Es fiel auf minus 33 Punkte, nach minus 14 Punkten im Juli.
„Der Krieg in der Ukraine belastet die Branchenkonjunktur erheblich“, erklärte das Ifo-Institut die negative Entwicklung in der Branche, die neben den Auto- und Maschinenbauern die exportstärkste in Deutschland ist. „Denn ein großer Anteil des Energieverbrauchs in der Chemischen Industrie entfällt auf Erdgas.“
Die Chemiebetriebe wollen in den kommenden Monaten weniger produzieren. Das entsprechende Barometer sank von minus 27 auf minus 38 Punkte. „Etwas entspannter war im August nur die Lage bei der Materialknappheit“, so das Ifo. „Sie ließ etwas nach, wie im Rest der Industrie.“ 50 Prozent der Firmen berichteten demnach von Nachschubproblemen, im Juli waren es noch 54 Prozent.
Die chemische Industrie fürchtet für den Fall eines Ausbleibens russischer Gas-Lieferungen einen „industriellen Flächenbrand“ für die Bundesrepublik. Komplexe Chemie-Anlagen könnten nicht einfach mal aus und wieder angeschaltet werden, warnt der Branchenverband VDI. Würden Chemieanlagen einmal heruntergefahren, dann stünden sie still für Wochen und Monate. Experten befürchten dann einen Dominoeffekt, weil wenig später die Bänder auch in anderen großen Branchen wie der Autoindustrie oder dem Maschinenbau ruhen müssten.
Chemieindustrie blickt so düster nach vorn wie seit Jahrzehnten nicht
Quelle: Reuters
Titelfoto: Symbolfoto
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