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Wirtschaft und Sozialverbände für mehr Staatshilfe wegen Gasumlage

Berlin, 15. Aug (Reuters) – Wegen Zusatzkosten in Milliardenhöhe durch die neue Gasumlage rufen Wirtschaft, Sozialverbände und Gewerkschaften nach mehr staatlicher Hilfe. „Die Wirtschaft braucht jetzt schnell Klarheit über die angekündigten Entlastungsmaßnahmen, sonst droht eine Kaskade an Betriebsschließungen und Produktionsstopps“, erklärte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Peter Adrian, am Montag. Schon kurz vor Bekanntgabe der Umlage hätten 16 Prozent der Industriebetriebe beklagt, dass sie wegen gestiegener Energiepreise ihren Geschäftsbetrieb einschränken oder teilweise ihre Produktion in Deutschland aufgeben müssten.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) forderte, die Umlage über 2024 hinaus zeitlich zu strecken, da die Kosten viele Unternehmen überfordern würden. Auch sollte über die Reduktion staatlicher Lasten auf den Energiebezug nachgedacht werden, sagte der stellvertretende BDI-Hauptgeschäftsführer Holger Lösch. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) schlägt vor, die Mehrwertsteuer auf den Gas- und Strompreis von 19 auf sieben Prozent zu senken – und zwar ab dem 1. Januar 2023 für mindestens zwei Jahre.

Die erheblichen Steigerungen bei den Energiepreisen führten im Vergleich zum Vorjahr bereits zu Mehrkosten von rund sieben Milliarden Euro, wie die Wirtschaftsvereinigung Stahl für ihre Branche berechnete. Mit der jetzt festgelegten Gasumlage würden jährlich rund 500 Millionen Euro hinzukommen. „Die Gasumlage vergrößert den bereits durch die extremen Preissteigerungen auf den Energiemärkten bestehenden Kostendruck auf die Stahlindustrie weiter erheblich“, kritisierte Verbandspräsident Hans Jürgen Kerkhoff. Wettbewerbsfähige Preise für Gas und Strom seien eine Grundvoraussetzung für die Stahlproduktion und stahlbasierte Wertschöpfung in Deutschland. „Die Bundesregierung muss dringend Wege finden, die Kosten durch die Gasumlage zu begrenzen“, forderte Kerkhoff.

Der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) warnt vor schwerwiegenden Folgen für viele Betriebe. „Der durch die Umlage weiter steigende Gaspreis trifft insbesondere diejenigen Unternehmen sehr hart, welche die steigenden Kosten nicht weitergeben können, da sie beispielsweise durch feste Lieferverträge gebunden sind oder sich nach einem gegebenen Weltmarktpreis richten müssen“, sagte VIK-Hauptgeschäftsführer Christian Seyfert. „Ohne Entlastungen für die besonders betroffenen Branchen, werden diese Entwicklungen den hiesigen Unternehmens- und Industriestandort massiv gefährden.“

WARNUNG VOR ARMUTSSPIRALE

Sozialverbände warnen vor Gassperren und einer neuen Armutsspirale bis hin zu Wohnungsverlust, sollten nicht unverzüglich Ausgleichsmaßnahmen getroffen werden. „Wir nehmen die Bundesregierung beim Wort und erwarten umfassende Hilfen für alle, die sie benötigen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider. „Es braucht hier kein Entlastungspäckchen für alle, sondern ein großes Paket für die Armen.“ Konkret fordere der Verband eine Anhebung des Regelsatzes auf 678 Euro und eine Ausweitung des Wohngeldes, damit es einen Ausgleich für alle gestiegenen Kosten gäbe. Diese Maßnahmen müssten umgehend, nicht erst ab Januar 2023 getroffen werden.

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) blickt mit Sorge auf die Folgen der geplanten Gasumlage. „Die Gasumlage wird viele Menschen vor allem mit niedrigen und mittleren Einkommen in große, zum Teil existenzielle Schwierigkeiten stürzen“, warnte Gewerkschaftschef Frank Werneke. „Das muss verhindert werden.“ Die Bundesregierung sei gefordert, ein weiteres Entlastungspaket auf den Weg zu bringen, das die Menschen vor Energiearmut schütze. Das Herumschrauben am Einkommenssteuertarif sei dafür keine Lösung: Nötig seien vielmehr schnelle und wirksame Entlastungen insbesondere für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen.

Die Verbraucherzentrale Bundesverband kritisierte die geplante Gasumlage als einen „Schnellschuss“. „Die Bundesregierung muss die Einführung der Umlage verschieben, um die offenen Fragen zu klären und das dringend benötigte Hilfspaket zu beschließen. Die Gasumlage kann nicht ohne ein Entlastungspaket eingeführt werden“, sagte Vorständin Ramona Pop der „Rheinischen Post“. Nicht alle Verbraucher könnten die erhebliche Mehrbelastung schultern.

Wirtschaft und Sozialverbände für mehr Staatshilfe wegen Gasumlage

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