Berlin, 11. Mrz (Reuters) – Die deutsche Inflation hat sich schon vor der jüngsten Preisexplosion bei Öl und Gas infolge des Ukraine-Krieges beschleunigt. Waren und Dienstleistungen verteuerten sich im Februar um 5,1 Prozent zum Vorjahresmonat, bestätigte das Statistische Bundesamt am Freitag. Im Januar war die Inflationsrate noch auf 4,9 Prozent gesunken, nachdem sie im Dezember mit 5,3 Prozent den höchsten Stand seit fast 30 Jahren erreicht hatte.
„Die coronabedingten Effekte werden zunehmend überlagert durch die Auswirkungen des Angriffs von Russland auf die Ukraine“, sagte der Präsident des Statistikamtes, Georg Thiel. Die aktuellen Preissteigerungen insbesondere bei Mineralölprodukten – die etwa Diesel so teuer machten wie noch nie – würden sich in den Februar-Daten noch nicht widerspiegeln.
Experten rechnen deshalb in den kommenden Monaten mit deutlich höheren Werten und mit mehr als fünf Prozent auch im Jahresschnitt. „Damit läge die Teuerung auf dem höchsten Niveau seit dem zweiten Ölpreisschock Anfang der 1980er“, sagte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien. Sollte es gar zu einem Importembargo oder Stopp russischer Energielieferungen kommen, dürfte die Inflation noch höher ausfallen. Im schlimmsten Fall könnte sie dann bei etwa 6,5 bis 7,0 Prozent klettern, erwartet der Deutschland-Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Stefan Schneider.
Energie kostete im Februar 22,5 Prozent mehr als vor einem Jahr. Die Kraftstoffpreise zogen dabei um 25,8 Prozent an, die für Haushaltsenergie um 20,8 Prozent. Hier verteuerten sich vor allem leichtes Heizöl (plus 52,6 Prozent), Erdgas (plus 35,7 Prozent) und Strom (plus 13,0 Prozent). Neben den krisenbedingten Effekten wirke sich auch die zu Jahresbeginn gestiegene CO2-Abgabe von 25 Euro auf 30 Euro pro Tonne aus, hieß es.
Die Preise für Nahrungsmittel kletterten um 5,3 Prozent. Mehr bezahlen mussten die Verbraucher insbesondere für frisches Gemüse (plus 11,0 Prozent) sowie für Molkereiprodukte und Butter (plus 6,7 Prozent). Merklich teurer wurden auch Pflanzen und Blumen (plus 8,7 Prozent), Fahrzeuge (plus 7,8 Prozent) sowie Kaffeeprodukte (plus 6,7 Prozent).
Wegen der im gesamten Euro-Raum rasant steigenden Preise bereitet die EZB den Boden für eine Zinswende. Sie will ihre milliardenschweren Anleihenkäufe schneller zurückfahren und im Sommer ganz auslaufen lassen, wenn es der Inflationsausblick erlauben sollte. „Einige Zeit“ später könnte die Nullzinspolitik aufgehoben werden – was „eine Woche oder auch Monate“ bedeuten könnte, wie EZB-Chefin Christine Lagarde sagte.
Experten sehen die EZB in einem Dilemma stecken. „Die Folgen des Ukraine-Krieges werden nicht nur die Preise erhöhen, sondern zugleich das Wirtschaftswachstum dämpfen“, sagte Dullien. Firmen könnten sich mit Investitionen zurückhalten, Privathaushalte beim Konsum. „Eine schnelle Zinserhöhung in dieser Situation kann den Inflationsdruck nicht kurzfristig dämpfen“, sagte Dullien, da diese die Sorgen an den Energiemärkten vor Lieferunterbrechungen etwa bei Gas nicht beseitigten. „Gleichzeitig würden sie eine Wirtschaft treffen, die ohnehin von der Unsicherheit des Krieges schwer belastet ist.“
Verbraucherpreise ziehen an – Kein Ende der Spirale in Sicht
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Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.