Berlin, 05. Aug (Reuters) – Die Bundesregierung will auf eine zusätzliche steuerliche Belastung von Verbrauchern im Rahmen der geplanten Gas-Umlage verzichten. „Es wäre abwegig, wenn der Staat hier die Gaskunden noch mehr belastet“, sagte Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner am Freitag. „Wir sind aber an EU-Recht gebunden.
Ich werde nun alle rechtlichen und politischen Möglichkeiten ausschöpfen, um eine Mehrbelastung abzuwenden.“ Vielmehr sei eine Entlastung für breite Bevölkerungsschichten nötig. „Auf die Umlage eine Mehrwertsteuer zu erheben, wäre falsch“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) dem „Tagesspiegel“. Laut „Spiegel“ geht das Verbraucherportal Verivox davon aus, dass die deutschen Haushalte 2022 über 3,6 Milliarden Euro mehr an Mehrwertsteuer an den Fiskus zahlen als im Jahr zuvor.
Das Kabinett hatte am Donnerstag die nötige Rechtsverordnung für die Umlage gebilligt. Die Umlage, die Gas-Importeure stabilisieren soll, werde durch zielgenaue Entlastungen und eine Verlängerung der Hilfsprogramme für die Wirtschaft flankiert, so das Wirtschaftsministerium. Die Verordnung wird voraussichtlich Mitte August in Kraft treten.
Sie greift dann ab dem 1. Oktober und endet am 1. April 2024. Die genaue Höhe soll Mitte August veröffentlicht werden. Sie soll zwischen 1,5 und fünf Cent je Kilowattstunde liegen. Durch die Umlage sollen 90 Prozent der Extra-Kosten der Importeure an alle Kunden weitergegeben werden, und zwar mit einem gleichen Betrag pro Kilowattstunde für jeden. Für einen vierköpfigen Haushalt könnte dies Zusatzkosten von bis zu 1000 Euro bedeuten – zusätzlich zu den bereits jetzt im Vertrag mit bestimmten Fristen möglichen Preiserhöhungen. Offen ist noch, wie mit Festpreisverträgen umgegangen wird.
Die Gas-Importeure stehen erheblich unter Druck, weil die günstigen Gaslieferungen aus Russland deutlich reduziert wurden. Nun müssen die Unternehmen für wesentlich mehr Geld auf die Schnelle anderswo Gas einkaufen, um ihre Kunden bedienen zu können. Das hat Deutschlands größten Gas-Importeur Uniper bereits derart in Schieflage gebracht, dass der Staat einsteigen muss.
„Es ist jederzeit mit weiteren Reduzierungen der Liefermengen zu rechnen“, heißt es in der Verordnung. „Die Bundesregierung rechnet nicht mit einer Verbesserung der Situation. Sie geht vielmehr davon aus, dass weitere Reduzierungen mit erheblicher Wahrscheinlichkeit unmittelbar bevorstehen.“
Die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft, Kerstin Andreae, sagte RTL/ntv, es seien wirklich harte Maßnahmen für Bürger und Industrie. Die Umlage dürfe aber nicht zu hoch ausfallen, um die Menschen nicht übermäßig zu belasten. „Ich gehe davon aus, dass die fünf Cent nicht erreicht werden.“
Die Wirtschaftsvereinigung Stahl forderte, die Regierung müsse die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Branchen im Blick behalten. Durch die massiven Energiepreissteigerungen im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine entstünden der Stahlindustrie bereits Mehrkosten von rund sieben Milliarden Euro pro Jahr. Bei einer Umlage von fünf Cent käme eine weitere Milliarde hinzu.
Verbraucher sollen auf Gas-Umlage nicht auch noch Mehrwertsteuer zahlen
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