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Urteils-Entwurf stürzt US-Politik vor Wahl in Abtreibungsdebatte

Washington, 03. Mai (Reuters) – Wenige Monate vor der Kongresswahl hat ein durchgestochener Urteilsentwurf des Obersten Gerichts die US-Politik in eine Abtreibungsdebatte gestürzt. Abtreibungsgegner und -Befürworter reagierten am Dienstag mit Freude und Wut auf den von der Zeitung „Politico“ veröffentlichen Text, wonach der Supreme Court zu einer Abschaffung des landesweiten Rechts auf Schwangerschaftsabbrüche tendiert.

Während Präsident Joe Biden ankündige, für dieses „fundamentale“ Recht zu kämpfen, begrüßten die Republikaner die Aussicht, eines ihrer zentralen politischen Ziele zu erreichen. Damit spaltet das Urteil „Roe v. Wade“ fast fünf Jahrzehnte nach seiner Verkündung die USA weiter wie kaum ein anderes.

„Politico“ veröffentlichte am Montagabend den Text, bei dem es sich um einen ersten Entwurf der Entscheidung handelt. „Roe war von Anfang an ungeheuerlich falsch“, schrieb demnach einer der konservativen Richter, Samuel Alito, in dem auf den 10. Februar datierten Papier. „Die Verfassung verbietet es den Bürgern der jeweiligen Bundesstaaten nicht, die Abtreibung zu regeln oder zu verbieten“, hieß es im Namen des Gerichts, das von Konservativen beherrscht wird. In der Begründung wird darauf hingewiesen, dass die US-Verfassung Abtreibung nicht ausdrücklich als ein Recht festschreibt. Sie wurde 1787 ausformuliert und ist seit 1789 in Kraft.

„Roe v. Wade“ ermöglichtdagegen seit 1973 landesweit Abtreibungen bis zur Lebensfähigkeit des Fötus, also etwa bis zur 24. Schwangerschaftswoche. Damals leitete das Gericht ein bundesweites Recht auf Abtreibung aus dem Recht von Frauen auf Privatsphäre ab. Dies ist seit der Verkündung formaljuristisch, inhaltlich und politisch umstritten. Sollte die nun veröffentlichte Begründung im endgültigen Urteil bestand haben, würden die 50 Bundesstaaten für sich über ein Recht auf Abtreibung auf der jeweiligen Landesebene entscheiden. 

BIDEN: WERDEN FUNDAMENTALES RECHT DER FRAUEN SCHÜTZEN

Biden stellte sich hinter das gegenwärtig gültige Abtreibungsrecht. Sollte das Oberste Gericht tatsächlich „Roe v. Wade“ aufheben, stehe seine Regierung bereit, es zu schützen. „Frauen haben meiner Meinung nach ein fundamentales Recht, sich zu entscheiden“, erklärte er. Der Demokrat rief die Amerikaner auf, im November Abgeordnete mit entsprechenden Ansichten zu wählen. Dann wird ein Drittel des Senats und das ganze Repräsentantenhaus neu bestimmt.Einer Umfrage von SSRS im Auftrag des Senders CNN im Januar ergab, dass 69 Prozent der US-Bürger gegen eine Abschaffung von „Roe v. Wade“ sind und 30 Prozent dafür.

Republikanische Politiker kämpfen seit Jahrzehnten darum, das Urteil aufzuheben, das sonst faktisch nur durch eine Verfassungsänderung ausgehebelt werden könnte, ein seltener Vorgang in den USA. „Ich bete, dass das Gericht der Verfassung folgt und es den Bundesstaaten erlaubt, wieder das ungeborene Leben zu schützen“, erklärte der republikanische Senator Tom Cotton. Auch der Justizminister von Texas, Ken Paxton, sagte: „Ich hoffe, dass das Oberste Gericht die Abtreibungsfrage wieder dorthin verweist, wo sie hingehört: An die Bundesstaaten.“

OBERSTER RICHTER: ARBEIT WIRD NICHT BEEINTRÄCHTIGT 

Texas gehört dabei zu den Staaten, die Landesgesetze zur Einschränkung der Abtreibung verabschiedet haben. Das umstrittene „Heartbeat Act“ verbietet einen Abbruch, sobald der Herzschlag des Fötus nachgewiesen werden kann – meist etwa nach sechs Wochen. Ausnahmen für Schwangerschaften als Folge von Vergewaltigungen und Inzest sind nicht vorgesehen. Im Gegenzug haben Bundesstaaten mit demokratischen Mehrheiten Gesetze erlassen, um ein Recht auf Abtreibung zu schützen. Die Gouverneurin von New York, Kathy Hochul, und ihr Kollege aus Kalifornien, Gavin Newsom, kündigten an, Schutz in ihrem jeweiligen Landesrecht stärker zu verankern. 

Der Oberste Richter des Supreme Court, John Roberts, bestätigte am Dienstag in einer Erklärung die Echtheit des von „Politico“ veröffentlichten Dokuments und sprach von einem Vertrauensbruch, zu dem Ermittlung eingeleitet worden seien. „Die Arbeit des Gerichts wird in keiner Weise beeinträchtigt werden“, kündigte er an. Eine juristisch bindende Veröffentlichung des endgültigen Urteils wird bis Ende Juni erwartet. Ausgangspunkt des jetzigen Falles ist ein Vorstoß des Bundesstaates Mississippi, Abtreibungen einzuschränken.

Urteils-Entwurf stürzt US-Politik vor Wahl in Abtreibungsdebatte

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Titelfoto: Symbolfoto

Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.

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