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Unipers Derivate – Die 200-Milliarden-Euro-Frage

Frankfurt, 16. Dez – Der vor der Verstaatlichung stehende Energiekonzern Uniper hat im laufenden Geschäftsjahr seinen Bestand an Derivaten auf über 200 Milliarden Euro vergrößert. Der Konzern bezifferte auf Reuters-Anfrage die Gesamtsumme seiner Derivate bis Ende September auf 216 Milliarden Euro. Dies war zweieinhalb mal soviel wie Ende 2021. Damit hält der durch den russischen Gaslieferstopp in Schieflage geratene Versorger wertmäßig rund sechsmal soviel solcher Finanzprodukte wie die Ölriesen BP oder Shell. Er übertrifft auch den Konkurrenten RWE, der Ende Juni 131 Milliarden Euro an Derivaten in seinen Büchern hatte.

Energiekonzerne, die Strom, Öl oder Gas verkaufen, handeln auch mit derivativen Finanzprodukten, mit denen sie den Kauf oder Verkauf ihrer Produkte zu einem festgelegten Preis in der Zukunft vereinbaren. Damit können sie sich gegen Preisschwankungen absichern oder aktiv auf bestimmte Markttrends spekulieren. Beide Strategien können fehlschlagen, wenn sich die Rahmenbedingungen beispielsweise durch einen Krieg grundsätzlich ändern.

„Wir haben flexible Assets, die permanent optimiert werden“, sagte ein Uniper-Sprecher. Das große Risiko sei der potenzielle Ausfall von Liefermengen, wie er jetzt durch das Verhalten des russischen Gazproms-Konzerns eingetreten sei. Uniper müsse Stand heute annehmen, dass die Lieferungen aus Russland weiter ausblieben und es dadurch weitere Verluste gebe. „Ohne die vertraglichen Gaslieferungen aus Russland wird das Gasgeschäft bis Ende 2024 Verluste erleiden.“

BILANZIELLE RISIKEN

Uniper hatte sich für die ausbleibenden russischen Mengen am teuren Spotmarkt Ersatz beschafft, um den Verpflichtungen gegenüber seinen Kunden, darunter Stadtwerke und Regionalversorger, gerecht zu werden. In den ersten neun Monaten dieses Jahres hatte der Konzern einen Verlust von etwa 40 Milliarden Euro eingefahren und dabei Milliardenabschreibungen auf Derivate vorgenommen. Der Bund hat Mittel von inzwischen über 51 Milliarden Euro genehmigt und will die Tochter des finnischen Versorgers Fortum übernehmen. Über die Pläne sollen am Montag die Aktionäre auf einer außerordentlichen Hauptversammlung abstimmen. Die EU-Kommission genehmigte am Freitag die Übernahme unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten.

Eine Person aus dem Umfeld der Bundesregierung sagte Reuters, dass das Bundeswirtschaftsministerium unter der Führung von Robert Habeck die potenzielle Gefahr durch die Derivate womöglich unterschätzt habe. Ein Sprecher des Ministeriums wies das zurück. „In der Entscheidung zur Übernahme der Uniper in das mehrheitliche Eigentum des Bundes wurden alle relevanten Aspekte berücksichtigt und bewertet, einschließlich der in den Geschäftsberichten aufgeführten bilanziellen Risiken.“ Mit derivativen Finanzinstrumenten würden in der Energiebranche üblicherweise Preis-, Liefer- und Währungsrisiken abgesichert, so auch im Fall von Uniper. In den Geschäftsberichten von Uniper werde dazu Stellung genommen.

Analysten kritisieren die mangelnde Transparenz bei Geschäften dieser Art. „Das wirft die Frage auf, was dahinter steckt“, sagte Knut Slatten, Analyst der Ratingagentur Moody’s. „Je höher die Summen, desto größer das Risiko.“ Die Finanzaufsicht BaFin erklärte, sie habe die Risiken des Derivatehandels von Energiekonzernen bereits seit längerer Zeit im Blick.

Unipers Derivate – Die 200-Milliarden-Euro-Frage

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von Dmitriy auf Pixabay

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