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Ukraine und Deutschland werben um kanadisches Flüssiggas

Berlin/Ottawa, 20. Aug (Reuters) – Vor der Reise von Kanzler Olaf Scholz nach Kanada erhält die Bundesregierung Unterstützung im Werben um kanadisches Flüssiggas (LNG). Auch die Ukraine hofft auf den Bau eines LNG-Terminals an der Ostküste des nordamerikanischen Landes. „LNG aus Kanada ist eine viel bessere Alternative als Gas aus Russland“, sagte der Chef des ukrainischen Energiekonzerns Naftogaz, Jurij Witrenko, der Nachrichtenagentur Reuters am Samstag. „Kanada ist ein demokratisches Land, das seine Nachbarn nicht überfällt. Kanadische Anbieter haben keine Vormachtstellung auf dem deutschen Markt und missbrauchen ihn nicht wie GazpromGAZP.MM, das das Angebot künstlich verknappt, den Markt beherrscht und seine Kunden abzockt“, fügte er hinzu. 

Kanzler Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) brechen am Sonntag zu einer dreitägigen Reise nach Kanada auf. Offiziell schraubt die Regierung die Erwartung an die Lieferung von LNG-Gas aus Kanada herunter. Es sei klar, dass in den nächsten ein, zwei Jahren ohnehin nichts geliefert werden könne, weil es noch keine LNG-Exportterminals an der Ostküste gebe, heißt es in Regierungskreisen in Berlin. Man wolle Kanada vor allem als sicheren Lieferanten von Wasserstoff in der Zukunft an Deutschland binden. 

Die Bundesregierung steht unter Druck, Alternativen zu russischem Gas zu finden. Aber der Grund für die Zurückhaltung ist vor allem, dass Scholz Kanadas Premierminister Justin Trudeau nicht noch mehr Probleme bereiten will. Denn Trudeau kassierte schon mit der Auslieferung einer in seinem Land gewarteten Gas-Turbine von Siemens Energy für die Ostseepipeline Nord Stream 1 an Deutschland heftige innenpolitische Kritik – vor allem von der großen ukrainischstämmigen Minderheit im Land. Und in der Provinz Quebec gibt es erheblichen Widerstand gegen den Bau eines LNG-Terminals, auch von Umweltschutzgruppen. Zuständig sind die Provinzen, weshalb Scholz und Habeck auch den Ministerpräsidenten von Quebec treffen. 

Zudem wären die Kosten für den Transport von Gas an die Ostküste höher als an die Westküste des Landes. „Wir arbeiten uns durch diese Fragen. Aber ich würde sagen, dass die große Chance an der Ostküste im Wasserstoff liegt“, sagte der kanadische Minister für natürliche Ressourcen, Jonathan Wilkinson, zu Reuters. Die Bundesregierung wirbt dafür, dass man doch ein LNG-Terminal bauen könnte – von dem aus später dann auch grüner Wasserstoff nach Europa exportiert wird. Die doppelte Nutzung ist auch für die LNG-Anlandeterminals an der deutschen Küste geplant.

Nun könnte der deutsch-ukrainische Schulterschluss in der Debatte helfen – gerade durch den Einfluss Kiews auf die ukrainische Minderheit in Kanada. Bereits am 13. Juni hatten der Staatskonzern Naftogaz und die kanadische Firma Symbio, die hinter dem LNG-Projekt Energie Saguenay im Osten steht, eine Absichtserklärung für die Lieferung von LNG und Wasserstoff geschlossen. Das Exportterminal soll in den Planungen beider Unternehmen eine Kapazität von 15 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr haben. „Kanadisches LNG von Symbio ist viel umweltfreundlicher als Gas von Gazprom“, wirbt Naftogaz-Chef Jurij Witrenko bei Umweltschützern. Aufgrund „überlegener Technologien und Sorgfalt“ würden sehr viel weniger Methan- und CO2-Emissionen freigesetzt.

Ob die beiden europäischen Länder Erfolg haben, ist allerdings noch unklar. Denn in den letzten Monaten hatten Kanada und Deutschland bereits hinter den Kulissen erörtert, welche Optionen für LNG-Terminals es an der Ostküste gibt. Kanadas Umweltminister Steven Guilbeault hatte Reuters im Juni gesagt, dass die RepsolREP.MC-Anlage in New Brunswick das am besten realisierbare Projekt sei. „Die Wirtschaftlichkeit von LNG an der Westküste ist mit ziemlicher Sicherheit besser als die von LNG an der Ostküste, wenn man bedenkt, wie weit die Transportanforderungen entfernt sind“, hatte Wilkinson gesagt.

Dennoch sind die Hoffnungen groß, dass westliche Demokratien und G7-Partner angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine europäischen Ländern helfen, von russischem Gas unabhängig zu werden. Auch der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Michael Link (FDP), setzte sich im Reuters-Interview für ein Terminal im Osten Kanadas ein. Aber auch die Lieferung von kanadischem Flüssiggas nach Asien von der Westküste durch die beiden dort bereits genehmigten LNG-Terminals würde helfen, betonte er. „Da das von dort exportierte Gas auf den Weltmarkt gehen wird, wird das Angebot vergrößert und Preise sinken.“

Ukraine und Deutschland werben um kanadisches Flüssiggas

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