Frankfurt, 07. Mrz (Reuters) – Russlands Krieg gegen die Ukraine hat die nach zwei Jahren Corona-Pandemie wieder steigende Reisenachfrage bisher nicht gebremst. „Aktuell können wir keine Veränderung des Buchungsverhaltens sehen. Aber es ist auch noch ein bisschen früh“, sagte der Chef von TUI Deutschland, Stefan Baumert, am Montag anlässlich der abermals nur digital stattfindenden Reisemesse ITB.
In den vergangenen Tagen habe die Buchungsdyanmik etwas nachgelassen, was aber nach dem Ende der Frühbucherangebote zum 1. März üblich sei und vermutlich nicht mit dem Kriegsausbruch zusammenhänge. „Wir sehen sehr hohen Nachholbedarf“, ergänzte Baumert und bekräftigte die Prognose, im Sommer das Vorkrisenniveau von 2019 zu erreichen. Ob sich der Krieg auswirken werde, bleibe abzuwarten.
Nach Erfahrung der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) hielten in den vergangenen 50 Jahren Kriege, Katastrophen und Terror die Verbraucher aus Deutschland kaum vom Reisen ab. „Für das grundsätzliche Reiseverhalten war das bisher nicht direkt relevant“, sagte FUR-Forscher Martin Lohmann. Urlauber wechselten unter solchen Umständen allenfalls das Ziel. So hatten Terroranschläge in der Türkei 2016 dazu geführt, dass die Nachfrage aus Deutschland auf zwei Drittel zurückging. Anfang der 1990er Jahre erlebten die Länder des ehemaligen Jugoslawien an der Adria Einbrüche wegen des Balkan-Krieges.
ERHOLUNG AM REISEMARKT
Allein die Corona-Pandemie sei eine Ausnahme gewesen aufgrund der weltweiten Ausbreitung und der Reisebeschränkungen. Die Branche könnte nach Einschätzung der FUR nach den vergangenen beiden schwachen Jahren 2022 fast schon wieder zu alter Stärke zurückfinden. Denn Urlaub habe bei den Menschen nach wie vor hohe Priorität, erklärte Lohmann.
Nach Umfragen im Dezember und Januar wollten 60 Prozent der Teilnehmer auf jeden Fall verreisen. Vor der Corona-Krise lag der Anteil zu dieser Zeit bei gut 70 Prozent. Die FUR sagt für das Gesamtjahr 60 bis 70 Millionen Reisen voraus, was fast das Volumen von 2019 wäre.
Im vergangenen Jahr machten 68 Prozent der Befragten ab 14 Jahren oder knapp 48 Millionen Personen Urlaub. Das waren sieben Prozent mehr als im Vorjahr und noch 13 Prozent weniger als im Vorkrisenjahr 2019. Da einige mehrfach verreisten, zählte die FUR 55 Millionen Reisen, gut ein Fünftel weniger als vor der Pandemie. Die Gesamtausgaben lagen mit 56 Milliarden Euro noch 23 Prozent unter dem Jahr 2019, aber 24 Prozent über 2020.
Bei TUI seien die klassischen Urlaubsziele rund ums Mittelmeer gefragt, erklärte Deutschlandchef Baumert weiter. Die Zuwächse in Griechenland zum Beispiel lägen über dem Niveau von 2019. Aufgrund der hohen Buchungseingänge ziehe TUI den Saisonstart auf den griechischen Inseln auf Anfang April vor und rechne im Gesamtjahr mit drei Millionen Kunden für Griechenland, 200.000 mehr als vor der Corona-Krise.
Ukraine-Krieg dämpft Zuversicht am Reisemarkt bisher nicht
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Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.