10. Nov – Es folgen Entwicklungen rund um den Krieg in der Ukraine. Zum Teil lassen sich Angaben nicht unabhängig überprüfen.
22.00 Uhr – Die Ukraine sagt ein Abflauen der Kämpfe im Winter voraus. „Der Winter wird jede Aktivität auf dem Schlachtfeld für alle Beteiligten verlangsamen“, sagt der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow der Nachrichtenagentur Reuters. „Das ist für alle Seiten von Vorteil. Man wird sich ausruhen können.“ Sein Land werde gestärkt aus dieser Pause hervorgehen angesichts von Tausenden von Soldaten, die gegenwärtig in Großbritannien ausgebildet werden. „Wir werden diese Zeit mit einem bestmöglichen Ergebnis für unsere Streitkräfte nutzen“, sagt Resnikow.
21.18 Uhr – Die Ukraine hat nach Aussage von Präsident Wolodymyr Selenskyj 41 Siedlungen im Süden des Landes von Russland zurückerobert. In seiner abendlichen Videoansprache verweist Selenskyj auf die damit einhergehenden Opfer unter den ukrainischen Truppen, die nie vergessen werden dürften. Konkrete Zahlen nennt er nicht.
20.54 Uhr – Die USA werden Russland nach Angaben des Handelsministeriums in Washington in Anti-Dumping-Verfahren künftig nicht mehr als Marktwirtschaft einstufen. Mit der Entscheidung könne die US-Regierung die „ganze Macht“ der Anti-Dumping-Gesetze anwenden angesichts von Marktverwerfungen, die durch die zunehmende Einmischung der russischen Regierung in die Wirtschaft entstünden.
20.28 Uhr – Der russische Abzug aus dem südukrainischen Cherson wird ukrainischen Angaben zufolge mindestens eine Woche dauern. Die Regierung in Moskau habe 40.000 Soldaten in der Region stationiert, sagt der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow der Nachrichtenagentur Reuters. Geheimdienst-Informationen zufolge halten sich dabei auch weiter Streitkräfte in der Stadt auf. „Es ist nicht so einfach, diese Truppen aus Cherson in ein oder zwei Tagen abzuziehen,“ sagt Resnikow. „Das dauert mindestens eine Woche.“
An der Frontlinie in Cherson, 10. Nov – Nach dem angekündigten Rückzug der russischen Truppen aus Cherson sind die ukrainischen Streitkräfte in dem Gebiet im Süden des Landes am Donnerstag vorgerückt. Die Regierung in Kiew blieb zugleich verhalten bezüglich der Ankündigung aus Moskau. Ein Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj warnte, Cherson könne zu einer „Stadt des Todes“ werden. Der ukrainische Armeechef Walerij Saluschnyj sagte, er könne einen Abzug der Russen aus Cherson nicht bestätigen. Er teilte aber mit, dass die ukrainischen Truppen unter anderem die Stadt Snihuriwka in der südlichen Region Mykolajiw zurückerobert hätten.
Insgesamt seien die ukrainischen Streitkräfte binnen 24 Stunden um sieben Kilometer vorgerückt und hätten zwölf Ortschaften von russischer Besatzung befreit, schrieb Saluschnyj auf Telegram. „Wir setzen unsere offensive Operation in Einklang mit unserem Plan um.“ Ein ukrainischer Soldat sagte in einem Video: „Heute, am 10. November, wurde Snihuriwka von den Kräften des 131. separaten Aufklärungsbataillons befreit.“ Auf den Bildern ist zu sehen, dass der Soldat inmitten einer schwerbewaffneten Gruppe steht, eine ukrainische Flagge auf einem Infanteriefahrzeug hochgehalten wird und Umstehende jubeln. Snihuriwka liegt rund 55 Kilometer nördlich von Cherson.
Petro Lupan, ein ukrainischer Freiwilliger, der im Gebiet nördlich von Cherson Brot unter Anwohnern verteilte, sagte, er habe gerade von einem Freund am Telefon erfahren, dass Snihuriwka zurückerobert worden sei. „Ich finde keine Worte, um meine Gefühle zu beschreiben“, sagte der 46-Jährige sichtlich beglückt.
„SO SIEHT DIE RUSSISCHE WELT AUS“
Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu hatte den Rückzug am Mittwochabend in Moskau angekündigt und damit die bislang wohl schwerste Niederlage in dem nunmehr knapp neunmonatigen Feldzug eingeräumt. Der Oberbefehlshaber der russischen Streitkräfte in der Ukraine, General Sergej Surowikin, begründete den Schritt damit, dass Cherson nicht mehr mit Nachschub zu versorgen sei. „Wir werden die Leben unserer Soldaten und die Kampfkraft unserer Einheiten sichern“, sagte Surowikin in einer im Fernsehen übertragenen Rede. Beabsichtigt sei nun, dass die Streitkräfte sich auf das Halten des Ostufers des Dnipros konzentrieren sollten.
Die Regierung in Kiew blieb allerdings auch am Donnerstag misstrauisch. Mychail Podoljak, ein Berater von Präsident Selenskyj, äußerte die Erwartung, dass die russischen Truppen vor ihrem Abzug ganz Cherson verminten und anschließend vom Ostufer aus unter Beschuss nähmen. Cherson werde damit zu einer „Stadt des Todes“, schrieb er auf Twitter. „So sieht die russische Welt aus: kommen, ausrauben, feiern, ‚Zeugen‘ töten, Ruinen hinterlassen und abhauen.“ Selenskyj selbst sagte in seiner nächtlichen Video-Botschaft, die ukrainischen Truppen stärkten ihre Position im Süden „Schritt für Schritt“. Zugleich warnte er: „Der Feind wird uns keine Geschenke machen.“
„VIEL MENSCHLICHES LEID“
Cherson ist eine von vier Regionen in der Ukraine, die mittlerweile von der Regierung in Moskau annektiert und zum russischen Staatsgebiet erklärt wurde. Die Region ist für Russland auch deshalb wichtig, weil es an die ukrainische Halbinsel Krim grenzt, die die Regierung in Moskau bereits 2014 völkerrechtswidrig annektierte. Sollten sich die russischen Streitkräfte komplett aus dem Gebiet zurückziehen müssen, wäre eine direkte Verbindung von der Krim zum ukrainischen Festland gekappt, was Folgen für die russischen Nachschubwege hätte. Zudem würden die ukrainischen Stellungen wieder sehr viel näher an die Krim rücken, die seit Beginn des Krieges bereits mehrfach Ziel von Angriffen war. Schließlich gilt Cherson als strategisch wichtig für die russische Strategie, die gesamte Schwarzmeer-Küste der Ukraine zu besetzen.
US-Generalstabschef Mark Milley sagte, erste Erkenntnisse deuteten darauf hin, dass Russland seine Truppen aus Cherson westlich des Flusses Dnipro tatsächlich abzögen. Dies werde aber einige Zeit dauern. Nach seinen Worten haben sowohl Russland als auch die Ukraine bislang mindestens 100.000 getötete und verwundete Soldaten zu verzeichnen. „Es gibt viel menschliches Leid.“ Zudem seien seit Beginn der russischen Invasion im Februar bis zu 40.000 ukrainische Zivilisten in dem Konflikt ums Leben gekommen.
19.13 Uhr – Die USA kündigen neue Militärhilfe für die Ukraine an. Dem nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan zufolge sind darin „wichtige Beiträge für die Flugabwehr“ enthalten. Dazu gehörten Raketen für „Hawk“-Systeme. Sullivan zufolge gibt es Hinweise auf russische Truppenbewegungen, die mit einem Rückzug aus Cherson vereinbar seien.
11.20 Uhr – Ukrainische Streitkräfte haben nach eigenen Angaben die von Russland besetzte Stadt Snihuriwka in der südlichen Region Mykolajiw zurückerobert. „Heute, am 10. November wurde Snihuriwka von den Kräften des 131. separaten Aufklärungsbataillons befreit“, sagt ein Soldat auf einem Video, das in den sozialen Medien zu sehen ist und vom öffentlichen Fernsehen gezeigt wird. Auf den Bildern ist zu sehen, dass der Soldat inmitten einer schwerbewaffneten Gruppe steht, dass eine ukrainische Flagge auf einem Infanteriefahrzeug hochgehalten wird und dass Umstehende jubeln. Die Videoaufnahmen konnten nicht unabhängig geprüft werden. Eine Stellungnahme vom ukrainischen Verteidigungsministerium lag zunächst nicht vor.
10.45 Uhr – Die britische Regierung hat nach eigenen Angaben die Vermögen von sanktionierten russischen Oligarchen und Einrichtungen im Wert von 18 Milliarden Pfund eingefroren. „Wir haben Russland die schärfsten Sanktionen auferlegt, die es je gab“, sagt Andrew Griffith, ein hochrangiger Mitarbeiter des Finanzministeriums. Mehr als 1200 Personen und über 120 Einrichtungen wurden im Zuge der russischen Invasion in der Ukraine durch Großbritannien sanktioniert.
07.56 Uhr – Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnet die russische Ankündigung eines Truppenabzugs aus der Region der südukrainischen Großstadt Cherson als positiven Schritt. Auf einer Pressekonferenz vor seiner Abreise zu einem Besuch in Usbekistan antwortet Erdogan damit auf eine Frage zu den Aussichten auf Gespräche zwischen Russland und der Ukraine. Russland hatte am Mittwoch den Rückzug seiner Truppen westlich des Flusses Dnipro um die Regionalhauptstadt Cherson angeordnet. Verteidigungsminister Sergej Schoigu deutete mit der Entscheidung eine der bislang schwersten Niederlagen der russischen Streitkräfte in dem Krieg gegen die Ukraine an.
03.15 Uhr – Der russische Präsident Wladimir Putin wird nach Angaben Indonesiens kommende Woche nicht an einem Treffen der Staats- und Regierungschefs der G20 auf Bali teilnehmen. Putin werde durch den russischen Außenminister Sergej Lawrow vertreten, der Präsident nehme aber an einem der Gespräche virtuell teil, sagt Jodi Mahardi,ein Sprecher des Koordinators für maritime und Investitionsangelegenheiten.
02.08 Uhr – Sowohl Russland als auch die Ukraine verzeichnen laut dem obersten US-General mindestens 100.000 getötete und verwundete Soldaten. „Wir haben es mit weit über 100.000 getöteten und verwundeten russischen Soldaten zu tun. Das Gleiche gilt wahrscheinlich auch für die ukrainische Seite. Es gibt viel menschliches Leid“, sagt US-Armeegeneral Mark Milley in einer Rede in New York. Zudem seien seit Beginn der russischen Invasion im Februar bis zu 40.000 ukrainische Zivilisten in dem Konflikt ums Leben gekommen.
Ukraine aktuell 10.11.22
Quelle: Reuters
Titelfoto: Symbolfoto
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