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Tarifabschluss in der Chemie – Beschäftigte erhalten mehr Lohn

Update Frankfurt/Düsseldorf, 18. Okt – Gewerkschaft und Arbeitgeber haben sich mitten in der Energiekrise auf ein neues Tarifpaket für die 580.000 Beschäftigten der Chemieindustrie geeinigt. Das am Dienstag nach einem Verhandlungsmarathon in Wiesbaden besiegelte Tarifpaket sieht Sonderzahlungen von insgesamt 3000 Euro pro Kopf vor. Zudem greifen zum Januar 2023 und 2024 tabellenwirksame Entgelterhöhungen von je 3,25 Prozent.

Für den Arbeitgeberverband BAVC bringt die Einigung lange Planungssicherheit, denn der Tarifvertrag endet am 30. Juni 2024. Vor allem die untersten Lohngruppen würden durch den Abschluss entlastet, betonte die IG BCE. Ihr Chef Michael Vassiliadis sieht Signalwirkungen auch für andere Branchen. Unter anderem in der deutschen Metall- und Elektroindustrie muss bald ein Tarifabschluss gefunden werden.

IG BCE: „SONDERZAHLUNG KOMMT BEI BESCHÄFTIGTEN NETTO AN“

„Es geht darum, Lösungen zu finden für die Menschen, die in diesen schwierigen Zeiten Unterstützung brauchen“, sagte IG-BCE-Verhandlungsleiter Ralf Sikorski. Dazu sei auch die Option für Sonderzahlungen von 3000 Euro, die die Bundesregierung angesichts hoher Energiepreise steuer- und abgabenfrei gestellt hatte, im Abschluss voll ausgenutzt worden. Die Gelder werden in zwei Tranchen gezahlt, die spätestens im Januar 2023 und im Januar 2024 fällig werden. „Das kommt bei den Beschäftigten netto an“, betonte er.

Die tabellenwirksamen Entgelterhöhungen summierten sich auf 6,5 Prozent, sie können von Unternehmen aber aus wirtschaftlichen Gründen mit Hilfe einer Betriebsvereinbarung um bis zu drei Monate verschoben werden. „Wir haben ein Paket, das sich mit Blick auf das Umfeld sehen lassen kann“, sagte Sikorski. Damit könnten Inflationsraten von zehn Prozent ausgeglichen werden. Der Verhandlungsleiter der Arbeitgeber, Hans Oberschulte, sprach von einem ausgewogenen Abschluss. BAVC-Chef Kai Beckmann betonte, beide Seiten hätten den Kompromiss und nicht den Konflikt gesucht. 

Im April hatten sich Arbeitgeber und Gewerkschaft wegen der wachsenden Unsicherheiten infolge des Krieges in der Ukraine zunächst auf eine siebenmonatige Brückenlösung mit einer einmaligen Zahlung von 1400 Euro geeinigt. Unternehmen in Schwierigkeiten hatten die Möglichkeit, die Zahlung auf 1000 Euro zu verringern. Die IG BCE war in die dritte Verhandlungsrunde ohne eine konkrete Forderung gegangen, hatte aber auf eine nachhaltige tabellenwirksame Erhöhung der Entgelte gepocht.

Denn Arbeitgeber und Gewerkschaft verhandelten auch vor dem Hintergrund steigender Inflation. Im September war die Inflation in Deutschland mit 10,0 Prozent so hoch wie seit 1951 nicht mehr. Die Bundesregierung prognostiziert eine durchschnittliche Inflationsrate von 8,0 Prozent in diesem Jahr und 7,0 Prozent 2023.

CHEMIE-ABSCHLUSS HAT WOHL SIGNALWIRKUNG FÜR ANDERE BRANCHEN

Die Chemiebranche ist als größter industrieller Energieverbraucher in Deutschland von den explodierten Energiepreisen massiv betroffen. Für die Unternehmen ist Gas nicht nur der wichtigste Energieträger, sondern wird auch in großen Mengen zur Fertigung ihrer Produkte benötigt. Ihnen fällt es immer schwerer, steigende Kosten durch höhere Preise an die Kunden abzuwälzen. Der weltgrößte Chemiekonzern BASF schrieb im dritten Quartal in Deutschland rote Zahlen und kündigte in der vergangenen Woche ein neues Sparprogramm an, das auch Stellenstreichungen vorsieht.

Die Chemiebranche mit 1900 Betrieben ist Deutschlands drittgrößter Industriezweig nach der Automobilindustrie und dem Maschinenbau. In der letzten Tarifrunde Ende 2019 hatten Arbeitgeber und IG BCE Einkommenserhöhungen im Gesamtvolumen von bis zu sechs Prozent vereinbart. Das aktuelle Tarifpaket sei ein Signal über die Branche hinaus, sagte Vassiliadis. 

Aktuell läuft die Tarifrunde für die 3,8 Millionen Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie. Auch dort könnten Arbeitgeber und Gewerkschaft auf die 3000-Euro-Regelung der Bundesregierung zurückgreifen. „Das kann Teil eines Lösungsmodells sein“, hatte Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall NRW, Mitte September gesagt. Die Tarifgespräche in NRW werden am 28. Oktober fortgesetzt. Die IG Metall fordert acht Prozent mehr Geld.

Tarifabschluss in der Chemie – Beschäftigte erhalten mehr Lohn

Quelle: Reuters

Titelfoto: Symbolfoto

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