Zürich, 24. Mrz (Reuters) – Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hält trotz des jüngsten Inflationsanstiegs an ihrer bisherigen expansiven Geldpolitik fest. Während die US-Notenbank Fed auf die hochschießenden Teuerung jüngst mit der ersten Zinserhöhung seit Jahren reagierte und die Europäische Zentralbank (EZB) den Boden für eine Zinswende bereitete, beließen die Schweizer Währungshüter den Leitzins und den Zins auf Sichteinlagen bei der Notenbank bei minus 0,75 Prozent. Und die SNB will bei Bedarf weiterhin mit Fremdwährungskäufen gegen eine wirtschaftsschädliche Aufwertung des Franken vorgehen.
Ökonomen sehen allerdings erste Anzeichen dafür, dass sich auch in der Schweiz eine Wende anbahnen könnte. „Natürlich ist die Gewährleistung der Preisstabilität unser Auftrag“, sagte SNB-Präsident Thomas Jordan. „Wir werden also alles tun, um die Preisstabilität mittelfristig zu gewährleisten.“ Die Notenbank sei nicht machtlos und werde die nötigen Maßnahmen ergreifen. Den aktuellen Teuerungsanstieg führt Jordan vor allem auf höheren Preise für Öl und andere Güter, bei denen es eine Engpasssituation gebe, zurück. Und er verwies darauf, dass die Notenbank das Inflationsgefälle gegenüber dem Ausland berücksichtige.
„Jordans Äußerungen über alle notwendigen Maßnahmen und darüber, nicht machtlos zu sein, tragen einen Hauch von Angriffslust in sich“, sagte David Oxley von Capital Economics. „Und sie scheinen mir den Boden für Tage zu bereiten, an denen die SNB den Status quo nicht mehr wie selbstverständlich aufrechterhält.“
MEHR SPIELRAUM ALS FED UND EZB
Dank der vergleichsweise noch immer moderaten Teuerung in der Schweiz steht die SNB weniger stark unter Zugzwang als Fed und EZB. Zwar stiegen die Verbraucherpreise im Februar im Jahresabstand um 2,2 Prozent – so stark wie letztmals 2008 und stärker als von der Notenbank angepeilt, die eine Teuerung zwischen null und zwei Prozent anstrebt. Im Ausland ist die Teuerung indes deutlich höher: In der Euro-Zone, dem größten Exportmarkt der Schweiz, betrug die Inflation rekordhohe 5,9 und in den USA 7,9 Prozent.
„Die SNB hat im Gegensatz zur EZB und zur Fed keinen Druck, ihre geldpolitische Ausrichtung anzupassen“ erklärte Bantleon-Ökonom Jörg Angele. „Zugleich kann sie die Frankenstärke relativ gelassen sehen, da diese den Inflationsdruck abmildert.“
Die Notenbank erwartet, dass die Energiepreise vorerst hoch bleiben und die Inflation daher kurzfristig weiter anzieht. Sie rechnet im gesamten Jahr 2022 neu mit einer Teuerung von 2,1 Prozent, nachdem im Dezember noch 1,0 Prozent veranschlagt wurden. 2023 werden dann 0,9 (bislang: 0,6) Prozent erwartet und die erstmals veröffentlichte Prognose 2024 geht ebenfalls von 0,9 Prozent aus.
Die Konjunkturerholung dürfte sich global und in der Schweiz trotz des Kriegs in der Ukraine fortsetzen, wenn auch etwas gedämpft. Und die Notenbank warnt, dass die Prognoseunsicherheit groß sei. „Die Wachstumsrisiken sind bedeutend und nach unten gerichtet.“ Dieses Jahr rechnet die SNB neu noch mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um rund 2,5 Prozent, nachdem sie im Dezember noch von rund drei Prozent ausgegangen war.
Von Reuters im Vorfeld der vierteljährlichen geldpolitischen Lagebeurteilung der Zentralbank befragte Volkswirte hatten übereinstimmend unveränderte Zinsen prognostiziert. Das dreiköpfige Direktorium um SNB-Chef Jordan setzt seit bald sieben Jahren auf Negativzinsen und Eingriffe am Devisenmarkt.
Schweizer Notenbank bleibt expansiv – Will Preisstabilität sichern
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Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.