Berlin/Rom, 31. Mrz (Reuters) – Die G7-Länder Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien bestehen ungeachtet russischer Forderungen darauf, dass Rechnungen für russisches Gas weiter in Euro gezahlt werden. Bundeskanzler Olaf Scholz reagierte am Donnerstag demonstrativ gelassen auf die Ankündigung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, dass ausländische Unternehmen ab Freitag Gaslieferungen in Rubel zahlen müssten. Er verwies in Berlin auf die bestehenden Verträge. „Auf alle Fälle gilt für die Unternehmen, dass sie in Euro zahlen wollen, können und werden“, betonte er.
Russland hatte die Rubelzahlung bereits vor Tagen angekündigt, die G7-Staaten hatten sie abgelehnt. Putin sagte am Donnerstag, er habe ein entsprechendes Dekret[nL5N2VY6G9]unterzeichnet. Um an das Gas zu gelangen, müssten ausländische Kunden Rubel-Konten bei russischen Banken eröffnen. „Wenn solche Zahlungen nicht geleistet werden, betrachten wir dies als Verzug der Käufer mit allen daraus resultierenden Konsequenzen“, erklärte der Präsident. „Niemand verkauft uns etwas umsonst, und wir werden auch keine Wohltätigkeit tun – das heißt, bestehende Verträge werden gestoppt.“
Der Kanzler verwies dagegen ebenso wie Italiens Ministerpräsident Mario Draghi und Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire auf die bestehenden Verträge. „Darin steht …, dass in Euro gezahlt wird, manchmal in Dollar“, sagte Scholz. „Ich habe in dem Gespräch mit dem russischen Präsidenten klar gemacht, dass das auch so bleiben wird.“ Man werde sich nun anschauen, wie Russland dies umsetzen werde. Ähnlich äußerte sich der britische Premierminister Boris Johnson.
„Verträge in Euro müssen in Euro bezahlt werden“, betonte auch Le Maire. Deutschlands Finanzminister Christian Lindner sagte, man werde nun prüfen, was der Kreml genau vorhabe. „Wir sind auf alles das, was Putin entscheidet, gut vorbereitet“, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck. Wegen eines möglichen Ausfalls russischer Lieferungen hatte er bereits am Mittwoch die Frühwarnstufe des Notfallsplans Gas aktiviert.
Unterstützung kommt von der energieintensiven Industrie. „Wir sollten weiter in der Frage Eurozahlung zusammenhalten, die verbleibende Zeit aber nutzen, um uns Gedanken zu machen, wie mit dem Gasbedarf der Industrie umzugehen ist“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK), Christian Seyfert. Er sprach sich zudem dafür aus, Kohlekraftwerke schon jetzt aus der Reserve holen, um die Gasspeicher zu schonen.
Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer lehnte nach einem Gespräch mit Scholz Forderungen ab, dass die EU ihrerseits die Gas- und Ölimporte aus Russland stoppen sollte. Russisches Gas sei weder morgen noch übermorgen ersetzbar, sagte er. Man müsse bei der Verhängung von Sanktionen aufpassen, dass man sich nicht selbst schade. Zur Zeit sei der Grad der Abhängigkeit von Ländern wie Österreich, Deutschland, Tschechien, Ungarn oder der Slowakei von russischem Gas noch zu hoch. Scholz sagte, dass man die Abhängigkeit von russischem Öl und russischer Kohle noch in diesem Jahr beenden könne.
KREML SORGT FÜR VERWIRRUNG
Bereits am Mittwoch hatte die russische Regierung für Verwirrung gesorgt. Nach einem Telefonat von Scholz und Putin hatte der Kreml laut russischer Agentur Tass mitgeteilt, Scholz habe sich nach Möglichkeiten der Rubel-Zahlungen erkundigt. Daraufhin hatte Regierungssprecher Steffen Hebestreit betont, Putin habe Scholz im Gegenteil versichert, „dass sich für europäische Vertragspartner nichts ändern werde“. Die Zahlungen würden weiter ausschließlich in Euro geleistet und wie üblich an die Gaprom-Bank überwiesen.
Am Donnerstag sagte Italiens Ministerpräsident Draghi, dass Putin auch ihm genau dies zugesichert habe. Die europäischen Firmen würden die Lieferungen weiter in Euro und Dollar zahlen. „Was ich verstanden habe, aber ich kann mich auch irren, ist, dass die Umrechnung der Bezahlung (…) eine interne Angelegenheit der Russischen Föderation ist“, fügte Draghi hinzu.
„Möglicherweise handelt der Kreml aus der Angst heraus, dass die Gazprom-Bank bald ebenfalls sanktioniert wird, und zwar inmitten eines umfassenderen Bestrebens der Europäischen Union, die Energiebeziehungen mit Russland vollständig zu kappen“, sagte ein Analyst bei Fitch Solutions. Russland müsste die Gaslieferungen an die EU-Staaten physisch stoppen, um seine Forderung durchzusetzen, was eine große Eskalation darstellen würde, die nicht einmal auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges stattgefunden hat.
Die von Russland angekündigte Umstellung der Gaslieferverträge machte Investoren nervös. Der Dax und EuroStoxx50 bauten ihre Verluste aus. Der europäische Erdgas-Future verteuert sich dagegen deutlich.
Scholz widerspricht Putin – Firmen werden Gasrechnungen in Euro zahlen
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