Tokio, 28. Apr (Reuters) – Deutschland will in der Asien-Pazifik-Region stärker mit Ländern zusammenarbeiten, mit denen man gemeinsame Werte und Interessen teilt. Dazu gehörten Japan, Australien, Neuseeland, Südkorea und Indien, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz am Donnerstag in Tokio vor der Außenhandelskammer Japan. Es sei nötig, dass man die Lieferketten diversifiziere, fügte er hinzu, ohne China zu erwähnen. „Es ist kein Zufall, dass mich meine erste Reise als Bundeskanzler in diese Weltregion heute hierher, nach Tokio, führt.“
Sowohl Scholz als auch Japans Ministerpräsident Fumio Kishida verurteilten nach einem Treffen den russischen Angriff auf die Ukraine und betonten eine entschlossene Haltung gegenüber Moskau. Scholz knüpfte die Dauer der Sanktionen an den Abzug russischer Truppen aus der Ukraine. Kishida betonte in der gemeinsamen Pressekonferenz, dass die Welt entschlossen auf den Angriff reagiere. Es müsse klar werden, dass eine Änderung der Grenzen und regelbasierten Ordnung für einen Aggressor kaum tragbare Kosten nach sich ziehe. Scholz sprach davon, dass die westlichen Sanktionen Russland in seiner Entwicklung empfindlich träfen.
Scholz sagte zu, dass Deutschland ukrainische Soldaten an den Haubitzen ausbilden werde, die die USA an die Ukraine liefern wollten. Zudem plane man mit den Niederlanden eine gemeinsame Hilfe. Russlands Präsident Wladimir Putin hänge immer noch dem Konzept eines möglichen „Diktatfriedens“ in der Ukraine an, was nicht funktionieren werde. Die Nato müsse so stark sein, dass Russland klar sei, dass sie nicht angegriffen werden könne. Kishida kündigte seinerseits an, dass man vollständig aus dem Import russischer Kohle aussteigen werde.
KEIN NEUER VORWAND FÜR PROTEKTIONISMUS
Die Tatsache, dass Scholz anders als seine Vorgängerin Angela Merkel zuerst Japan und nicht China besuchte, sorgte in Tokio für Aufmerksamkeit. Allerdings hängt dies neben der gewünschten Absprachen über die Russlandpolitik auch damit zusammen, dass Besuche in China wegen Corona derzeit kaum möglich sind.
Deutschland hat derzeit die G7-Präsidentschaft inne, Japan gehört zur Gruppe der wichtigsten westlichen Industriestaaten und hat sich den Sanktionen gegen Russland angeschlossen. Der Kanzler warnte, dass der russische Angriff den Trend zur Deglobalisierung verstärken könnte.
„Sie ist keine Option – erst recht nicht für offene, freie Handelsnationen wie Deutschland und Japan“, sagte er. Man müsse aufpassen, dass kein neuer Vorwand für Protektionismus geschaffen werde. Weltweiter Handel müsse weiter frei und fair sein. Deutschland und Japan komme dabei eine Führungsrolle zu.
Scholz warnte auch, dass die Klimaschutzanstrengungen weder zu einem Wettbewerbsnachteil für ambitionierte Länder führen dürften noch zu internationalen Handelskonflikten. Gerade mit Blick auf Russland sei es wichtig, dass die westlichen Demokratien ihre technologische und wirtschaftliche Stärke bewahrten. Die westlichen Sanktionen gegen Moskau wirkten deshalb, weil Russland bestimmte Güter eben nicht von anderen Staaten erhalten könne.
„Es zeigt sich, dass es darauf ankommt, dass wir diesen Vorteil wahren.“ Deshalb sei auch eine enge Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Digitalisierung und der Wasserstoffwirtschaft nötig. „Das Potenzial für deutsch-japanische Kooperation ist auf allen diesen Feldern riesig“, betonte Scholz. Als Beispiel nannte er den Ausbau der 5G-Netze. Das japanische Unternehmen Rakuten sei weltweit Vorreiter beim Ausbau offener Funkzugangsnetze, auch Open genannt.
Scholz sucht engere Beziehungen zu Demokratien im Asien-Pazifik-Raum
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Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.