Berlin, 22. Nov – Bundeskanzler Olaf Scholz hat die deutsche Industrie aufgefordert, die geopolitischen Veränderungen als Chance und nicht als Gefahr anzusehen. Gerade die mittelständische deutsche Wirtschaft sei mit ihrer Struktur sehr gut aufgestellt, um sich anzupassen, sagte Scholz am Dienstag auf dem Wirtschaftsgipfel der „Süddeutschen Zeitung“ in Berlin. „Die Unternehmen sind oft schneller darin, auf Umbrüche der Weltwirtschaft zu reagieren“, fügte er hinzu. Man treibe die Energiewende so voran, damit deutsche Technologie dann auch weltweit eingesetzt werden könne.
Auf die Frage nach einer zu großen Abhängigkeit von China sagte Scholz zum einen: „Ein Fehler der Abhängigkeit wie von Russland passiert uns kein zweites Mal.“ Zum anderen warnte er vor einer Fixierung des Blickes auf nur ein Land. „Es gibt viele andere starke Nationen, die nicht wahrgenommen werden“, sagte er mit Bezug auf Indien, Indonesien, Vietnam und Südkorea. Nach Gesprächen mit der deutschen Wirtschaft sei er überzeugt davon, dass die Diversifizierung, also die verstärkte Zuwendung zu anderen Märkten, längst laufe. Hintergrund ist auch die Debatte in der Regierung, ob man das China-Geschäft erschweren oder lieber Investitionen in andere Länder fördern sollte.
Die deutschen Unternehmen seien innovativ und anpassungsfähig und müssten sich keine Sorgen wegen der Entwicklung zu einer multipolaren Welt machen, sagte Scholz. Er wies auch auf das Wachstum von Ländern in Afrika oder Südamerika hin. Er sprach sich für Fortschritte im EU-Freihandelsabkommen mit der südamerikanischen Mercosur-Gruppe sowie für ein Industrieabkommen mit den USA aus.
Der Frage nach Handelsverzerrungen durch das riesige US-amerikanische Paket an Subventionen und Lokalisierungs-Vorschriften wich Scholz aus. Er spreche mit US-Präsident Joe Biden darüber. Es gebe zudem eine Arbeitsgruppe der EU und der USA zum sogenannten Inflation Reduction Act (IRA). Zuvor hatte es Warnungen aus der Politik und der Wirtschaft gegeben, dass die USA Investitionen aus Europa abziehen könnten. Es gehe auch darum, dass Deutschland und die EU selbst schauen müssten, wo sie etwa neue Hochtechnologie-Bereiche stärker fördern könnten.
Scholz sieht deutsche Firmen gut gerüstet für globale Kursveränderung
Quelle: Reuters
Titelfoto: Copyright [Ale_Mi] /Depositphotos.com
Hier findet ihr die aktuellen Livestream-Folgen. Mehr aus Web3, NFT und Metaverse.