Sonntag, Mai 5, 2024
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Sanierungsexperte warnt vor Aufweichung von Insolvenzrecht

München, 09. Sep – Der Sanierungsexperte Lucas Flöther warnt vor einer Aufweichung der Insolvenzregeln in der Energiekrise. „Eine erneute Aussetzung der Insolvenzantragspflicht über Wochen oder Monate wäre ein schwerer Fehler“, sagte der Sprecher des Gravebrucher Kreises der führenden Insolvenzverwalter der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag. „Das wäre nur eine Beruhigungspille, und die helfen nicht.

Da wäre ich strikt dagegen.“ Denn die steigenden Preise für Gas und Strom stellten das Geschäftsmodell vieler Unternehmen in Frage. „Wir haben die Corona-Krise vielleicht medizinisch, aber noch nicht wirtschaftlich überstanden. Und diese Krise wird jetzt von weiteren Krisen überlagert“, sagte Flöther, der als Insolvenzverwalter von Air Berlin bekannt geworden war.

Während der Corona-Pandemie hatte die Bundesregierung die Pflicht zur Anmeldung der Insolvenz ausgesetzt, wenn Firmen infolge der Beschränkungen im öffentlichen Leben in Schieflage geraten waren. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) will das nicht wiederholen, hat aber Erleichterungen angekündigt, was Überschuldung als Insolvenzgrund betrifft. Flöther begrüßt das. Bisher muss ein angeschlagenes Unternehmen nachweisen, dass es über die nächsten zwölf Monate überleben kann, Buschmann will den Zeitraum auf vier Monate verkürzen.

„Die Frage, ob ein Unternehmen in den nächsten zwölf Monaten durchfinanziert ist, ist derzeit für viele schwierig zu beantworten. Sie müssen mehr auf Sicht fahren“, sagte Flöther. Gerade für größere Unternehmen sei die Verkürzung hilfreich. Dabei gehe es auch um die Haftung der Geschäftsführer, wenn es im Nachhinein um die Frage der Insolvenzverschleppung geht.

An der Zahlungsunfähigkeit als Auslöser einer Insolvenz will Flöther dagegen nicht rütteln. „Wenn ein Unternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, muss es vom Markt genommen oder in der Insolvenz saniert werden. Da muss der Wettbewerb auch einmal greifen.“ Der Sanierungsexperte warnt die Politik davor, die Insolvenz zu stigmatisieren. Sie sei für die Unternehmen besser, als die Produktion zu drosseln und stumpf Kurzarbeit anzuordnen: „Deshalb sollten wir nicht die Insolvenz als ein unter allen Umstanden zu vermeidendes Übel darstellen, sondern angeschlagenen Unternehmen die Sanierungsinstrumente des Insolvenzrechts aufzeigen und den Zugang dazu vereinfachen.“

STAATSHILFEN STATT INSOLVENZWELLE?

Mit einer großen Insolvenzwelle rechnet Flöther kurzfristig nicht, auch wenn die Sanierer mehr zu tun bekommen. „Wir stellen eine Zunahme der Anfragen angeschlagener Unternehmen fest, und auch die Insolvenzanmeldungen nehmen schon zu. Die steigenden Preise und die mangelnde Verfügbarkeit von Arbeitskräften paaren sich hier mit den Altlasten aus der Corona-Zeit“, sagte er. „Viele Unternehmen sind auch schlecht oder gar nicht beraten und warten noch ab, weil sie auf Staatshilfen hoffen.“

Die sähe der Fachanwalt für Insolvenzrecht kritisch, wenn sie „mit der Gießkanne“ verteilt würden. „Man muss sich jeden Einzelfall genau ansehen und prüfen: Hat dieses Unternehmen langfristig eine Chance? Und ist es für den Steuerzahler teurer, wenn das Unternehmen in der Insolvenz saniert wird oder außerhalb? Eine Insolvenz darf nicht um jeden Preis vermieden werden.“ Ein Schutzschirmverfahren nach dem Insolvenzrecht könne selbst für angeschlagene Energiekonzerne oder Stadtwerke eine gute Lösung sein.

Sanierungsexperte warnt vor Aufweichung von Insolvenzrecht

Quelle: Reuters

Titelfoto: Symbolfoto

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