Freitag, März 29, 2024
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Privatkonsum sorgt für Wirtschaftswachstum – „Aber Rezession kommt“

Berlin, 25. Nov – Trotz Rekordinflation und der erwarteten Rezession im Winter schlägt sich die deutsche Wirtschaft überraschend gut. Im Sommer wuchs sie mit 0,4 Prozent zum Vorquartal sogar einen Tick stärker als zunächst angenommen, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Dabei sorgten vor allem Verbraucherinnen und Verbraucher mit ihren Ausgaben für spürbare Impulse. Zudem hellt sich die Kauflaune der Deutschen kurz vor Beginn der heißen Phase des Weihnachtsgeschäfts erneut auf – auch wenn sie noch nahe am Rekordtief verharrt. Doch trotz leicht positiver Signale geben sich viele Ökonomen ernüchtert und verweisen auf trübe Aussichten. „Nach dem warmen Sommer und dem milden Herbst kommt auf die deutsche Wirtschaft ein konjunkturell kalter Winter zu“, sagte Bank-Analyst Robert Greil von Merck Finck.

Bisher hatte das Statistikamt für Juli bis September nur mit 0,3 Prozent Wirtschaftswachstum gerechnet. Der private Konsum legte aber mit 1,0 Prozent zu und kurbelte so die Konjunktur an. Der Außenhandel hingegen bremste, während die Investitionen – also vor allem in Maschinen, Geräte und Fahrzeuge – um 2,7 Prozent stiegen. Die Bauausgaben sanken um 1,4 Prozent und damit das zweite Quartal in Folge. „Der kurzlebige Wachstumssprint im Sommer hat die Rezession in Deutschland aufgeschoben – aber sie kommt“, erklärte Fritzi Köhler-Geib, Chefökonomin der KfW. Die Förderbank geht davon aus, dass Deutschland im laufenden Schlussquartal ins Konjunkturtal abrutscht und die Wirtschaft 2023 um 1,0 Prozent schrumpft.

Optimistischer blickt Thomas Gitzel auf die Lage. Es sei noch keineswegs ausgemachte Sache, dass das Bruttoinlandsprodukt zwischen Oktober und Dezember wie von vielen Fachleuten erwartet sinkt, sagte der Chefvolkswirt der VP Bank. „Es ist also durchaus denkbar, dass sich allen Unkenrufen zum Trotz die Wirtschaft auch im vierten Quartal über Wasser halten wird.“ In Kriegszeiten bei gleichzeitig wirtschaftlichen Spätfolgen der Pandemie kämen Zweifel an Konjunkturbarometern auf. „Jagen uns Ifo-Geschäftsklima & Co derzeit ins Bockshorn?“, sagte Gitzel. 

Der Index des Münchner Ifo-Instituts gilt als wichtigster Gradmesser für die deutsche Konjunktur und war zuletzt zweimal in Folge gestiegen. Dies signalisierte, dass die Rezession milder ausfallen könnte als zunächst angenommen. „Wir sind mitten in einer Krise“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im Bundestag mit Blick auf die Energielage. „Wir kämpfen uns aber erfolgreich Schritt für Schritt aus dieser Krise heraus“, sagte der Grünen-Politiker und betonte: „Das nächste Jahr wird nicht weniger hart werden.“

MEHR KONSUMLAUNE – „ABER VERBRAUCHER WEITER GELÄHMT“

Wesentlicher Grund für die positive Überraschung im Sommer-Quartal war der gute private Konsum, wie die Bundesregierung erklärte. Die Statistiken zeigten die starke Widerstandskraft der Wirtschaft trotz des Kriegs und der Energiekrise, sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums der Nachrichtenagentur Reuters. „Viele Lieferverträge für russisches Öl, Gas und Kohle konnten umgestellt werden.“ Allerdings signalisierten Konjunkturdaten weiter eine Rezession im Winterhalbjahr. „Voraussetzung für einen milden Verlauf der Rezession ist, dass keine akute Gasmangellage entsteht, dass keine schwierigen Corona-Entwicklungen eintreten und sich die Lieferketten weiter schrittweise stabilisieren.“

Zudem würden sich die Preisbremsen für Gas und Strom positiv auswirken, da sie die Verbraucherinnen und Verbraucher konkret entlasteten, hieß es. Derweil kletterte das Barometer für die Kauflaune der Deutschen im Dezember um 1,7 auf minus 40,2 Punkte, wie die GfK-Marktforscher zu ihrer Umfrage unter 2000 Verbrauchern mitteilten. Auch nach dem zweiten Zuwachs in Folge bleibt es aber nahe dem historischen Tief von minus 42,8 Zählern im Oktober. „Damit scheint der Absturz des Konsumklimas zu einem Ende gekommen zu sein, wenn das Niveau des Indikators auch nach wie vor sehr niedrig bleibt“, sagte GfK-Experte Rolf Bürkl. 

„Die Stimmungsaufhellung ist nicht der Rede wert, Verbraucher zeigen sich weiter gelähmt“, bilanzierte Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. „Auch wegen des Inflationssturms wird eine noch hohe Konsum-Unsicherheit anhalten.“ Der Jahresteuerung kletterte zuletzt auf 10,4 Prozent – der höchste Stand seit 1951.

Privatkonsum sorgt für Wirtschaftswachstum – „Aber Rezession kommt“

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von Hands off my tags! Michael Gaida auf Pixabay

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