Wien, 10. Jun (Reuters) – Österreichs Notenbank erwartet wegen der Folgen des russischen Krieges gegen die Ukraine eine deutlich höhere Inflation im Land. Die Verbraucherpreise dürften in diesem Jahr um durchschnittlich 7,0 Prozent steigen, sagte die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) am Freitag voraus. Im März war sie noch von 5,6 Prozent ausgegangen. 2023 soll die nach einheitlichen EU-Standards berechnete Teuerungsrate (HVPI) dann auf 4,2 Prozent und 2024 auf 3,0 Prozent zurückgehen. Sie bliebe aber klar über der Marke von zwei Prozent, die die Europäische Zentralbank (EZB) anstrebt.
Im Euro-Raum ist die Inflationsdynamik ähnlich hoch, weshalb die EZB für Juli die erste Zinserhöhung seit 2011 angekündigt hat. „Es ist ein notwendiges erstes Signal an die Märkte, dass wir uns der Risiken der hohen Inflation bewusst sind und im EZB-Rat die richtigen Entscheidungen treffen, um das Preisstabilitätsziel im Euroraum zu erfüllen“, sagte OeNB-Gouverneur Robert Holzmann dazu.
Nach einer zu Jahresbeginn noch kräftigen Erholung in Österreich bremsten die Folgen des Ukraine-Krieges die Konjunktur abrupt. Für 2022 geht die Notenbank dennoch von einem kräftigen Wachstum von 3,8 Prozent aus – vorausgesetzt, es kommt zu keinem weiteren Lockdown im Tourismus und Gastgewerbe. In den beiden folgenden Jahren soll das Plus mit 1,9 Prozent nur noch halb so hoch ausfallen. „Obwohl Österreichs Wirtschaft in den kommenden zwei Jahren knapp über ihrem Potenzial wachsen wird, bleibt der Aufholprozess nach dem angenommenen Ende der Kriegshandlungen deutlich schwächer als nach der Covid-19-Pandemie“, sagte die Direktorin der Hauptabteilung Volkswirtschaft der OeNB, Birgit Niessner.
Sollte sich die Sanktionsspirale zwischen dem Westen und Russland wegen des Krieges weiterdrehen und auch ein Gaslieferstopp folgen, würde dies Wirtschaft wie Verbraucher stark treffen. „Auf Basis dieser Annahmen würde die österreichische Wirtschaft in eine schwere Rezession geraten und die Inflation weiter ansteigen“, erwartet der Leiter des Konjunkturreferats in der OeNB, Gerhard Fenz. 2022 und 2023 wäre dann mit einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes 0,6 bzw. 1,4 Prozent zu rechnen. Die Inflationsrate dürfte dann im laufenden Jahr auf 8,5 Prozent hochschnellen und 2023 noch bei 5,1 Prozent liegen.
Österreichs Notenbank erwartet 2022 Inflationsrate von sieben Prozent
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Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.