München, 09. Aug (Reuters) – Die Münchener Rück will sich von den Kapriolen an den Märkten nicht vom Kurs abbringen lassen. Zwar hinkt der Gewinn des weltgrößten Rückversicherers nach den ersten sechs Monaten wegen Abschreibungen auf Aktien und Zinsderivate mit 1,38 (1,7) Milliarden Euro um fast ein Fünftel hinter dem Vorjahresniveau her. Fast 1,7 Milliarden Euro fehlen im Kapitalanlage-Ergebnis. Vorstandschef Joachim Wenning blieb am Dienstag aber bei dem Ziel, zum Jahresende mit einem Nettogewinn von 3,3 (2021: 2,9) Milliarden Euro besser dazustehen als 2021. „Wir befinden uns in einem für Rückversicherer sehr attraktiven Umfeld“, sagte er in einer Pressekonferenz. Die Münchener Rück ernte die Früchte der Preissteigerungen, bei denen kein Ende in Sicht sei. Und die Erstversicherungs-Tochter Ergo laufe „wie ein Uhrwerk“.
Die Entwicklung am Kapitalmarkt macht Finanzchef Christoph Jurecka wenig Sorgen. „Die Volatilität ist atemberaubend“, sagte er. „Man muss da mit ruhiger Hand durchsteuern. „Wir werden die 3,3 Milliarden Euro erreichen.“ Im Juli – nach dem Stichtag – habe sich die Lage schon deutlich entspannt. „Der Zinsanstieg wird uns langfristig Rückenwind geben, indem wir von höheren laufenden Kapitalanlageerträgen profitieren“, sagte Münchener-Rück-Chef Wenning. Bei Neuanlagen sei die Rendite im zweiten Quartal schon deutlich gestiegen, auf 2,8 Prozent.
MÜNCHENER RÜCK MACHT ABSTRICHE BEI KAPITALANLAGERENDITE
In der Gewinn- und Verlustrechnung schlügen sich die Zinsen aber wegen der Bilanzierungsvorschriften nach dem IFRS-Standard kurzfristig aber negativ nieder, weil die Bewertungsreserven schwinden, sagte Finanzchef Jurecka. Hier rechnet die Münchener Rück für 2022 nur noch mit gut 2,0 (bisher gut 2,5) Prozent Rendite. Die Solvabilitätsquote – der wichtigste Maßstab für die Kapitalstärke – schnellte per Ende Juni aber auf 252 (Ende 2021: 227) Prozent in die Höhe. Die Zuversicht des Vorstands kam auch an der Börse an. Die Münchener-Rück-Aktie war mit einem Plus von knapp einem Prozent einer der wenigen Kursgewinner im Leitindex Dax.GDAXI. Die unerwartet hohe Solvenzquote sei „herausragend“, schrieb Jefferies-Analyst Philip Kett.
Zugute kommt der Münchener Rück, dass sie von Großschäden wie Wirbelstürmen, Erdbeben und Großbränden in diesem Jahr bisher weniger getroffen wurde. Von dem dafür reservierten Budget seien noch 2,7 Milliarden Euro übrig. Die Hurrikan-Saison in den USA, die laut Klimaforschern in diesem Jahr besonders aktiv ausfallen könnte, hat aber erst begonnen. „Unsere Naturkatastrophen-Modelle sind in der Branche führend“, sagte Wenning. Aber man müsse sich auch daran halten und keine Risiken anhäufen. „Das verlangt auch Disziplin.“ Der größte Rivale Swiss Re hatte nach einem Gewinneinbruch zuletzt ein Fragezeichen hinter seine Prognosen gesetzt.
Für Schäden aus der Ukraine-Krise legte die Münchener Rück im zweiten Quartal weitere 90 Millionen Euro zurück; insgesamt veranschlagt sie die Kosten des Krieges für sich bisher auf 200 Millionen, etwa für nach Russland verleaste Flugzeuge, die die Eigentümer womöglich abschreiben müssen. Der Informationsfluss sei aber noch sehr lückenhaft, räumte Jurecka ein.
Zuversichtlich stimmen Wenning auch die Verhandlungen mit den Erstversicherern und Maklern: „Jetzt ist die Zeit, Chancen in sich weiter verhärtenden Märkten zu nutzen.“ Bei der zum 1. Juli anstehenden Erneuerung von Verträgen, vor allem in Nord- und Südamerika sowie in Australien, habe man sechs Prozent mehr Geschäft gezeichnet, bei – risikobereinigt – stabilen Preisen. Die Bruttobeiträge sind im ersten Halbjahr um zwölf Prozent gestiegen. Eine drohende Rezession macht Wenning wenig Sorgen: „Ob ein Erdbeben ausbricht oder nicht, hängt nicht von der Konjunktur ab.“
Münchener Rück behält Ziel trotz Marktkapriolen im Blick
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