Hannover, 19. Sep – Die führenden europäischen Nutzfahrzeug-Hersteller blicken trotz der allgemeinen Konjunkturabkühlung optimistisch auf ihr Geschäft. Die Nachfrage sei ungebrochen, sagte Daimler-Truck-Chef Martin Daum am Montag in Hannover am Rande der Nutzfahrzeugmesse IAA Transportation der Nachrichtenagentur Reuters. „In dem Moment, in dem wir Orderbücher aufmachen, füllt es sich sofort.“ Traton-Chef Christian Levin sagte, zum Teil habe sein Unternehmen Restriktionen bei Aufträgen einführen müssen. „Wir haben so etwas noch nie gesehen, dass das Angebot das Problem ist und nicht die Nachfrage.“ Iveco-Chef Gerrit Marx sagte, in seinem Unternehmen seien die Auftragsbücher auf Wochen hinaus gefüllt. Zugleich gelinge es, die höheren Kosten etwa für Rohstoffe und Energie an die Kunden weiterzureichen. „Wir haben Preissteigerungen durchsetzen können, wie es die Industrie noch nie gesehen hat“, sagte er.
Zugute kommt dabei der Branche, dass wegen der Knappheit von vielen Teilen von Halbleitern über Kabelbäume bis hin zu Reifen die Produktion zuletzt geringer ausfiel als eigentlich geplant. Daimler-Truck-Chef Daum sagte, sein Unternehmen hätte im vergangenen und im laufenden Jahr eine fünfstellige Zahl von Fahrzeugen mehr ausliefern können, wäre die Versorgungslage besser gewesen. Das komme der Branche jetzt aber zugute: Die Versorgungsengpässe hätten einen Rekordabsatz in den Jahren 2021 und 2022 verhindert. „Nach einem Rekordabsatz kommt der Absturz nach unten.“ Zwar könne die Lage umschlagen, wenn es zu einem Dominoeffekt komme. „Aber diesmal werden wir als Branche nicht der Vorreiter sein“, sagte Daum.
Der Branchenverband VDA schraubte zuletzt seine Prognose für den Markt herunter und rechnet in Europa mit einem leichten Plus von fünf Prozent. In den USA sei noch mit plus zwei Prozent zu rechnen, drei Prozentpunkte weniger als zuletzt angenommen. In China dürfte der Absatz von schweren Nutzfahrzeugen um 35 Prozent zurückgehen, statt minus 20 Prozent. Allerdings spielt der chinesische Markt für die europäischen Hersteller bislang eine untergeordnete Rolle, der weitaus größte Teil der Lastwagen in Fernost wird von chinesischen Unternehmen gebaut.
2030 KÖNNTE RUND JEDER ZWEITE NEUE LKW ELEKTRISCH FAHREN
Daimler Truck stellte auf der Nutzfahrzeugmesse seinen ersten elektrischen Lkw für den schweren Fernverkehr vor. Bis 2030 könne der Anteil von Elektro- und Brennstoffzellenlasten auf bis zu 60 Prozent des gesamten Absatzes steigen, sagte Daum. Eine genauere Prognose sei schwierig, das hänge von den Energiepreisen ab. Elektro-Lastwagen seien dabei immer teurer als vergleichebare Diesel-Fahrzeuge. Entscheidend für die Gesamtkosten für die Spediteure sei, wie sich der Energiepreis weiter entwickle.
Traton-Chef Levin hält einen Elektro-Anteil von rund der Hälfte des gesamten Absatzes bis 2030 für möglich. Ziel sei es, eine Rendite zu erzielen, die mindestens so hoch ausfällt wie bei herkömmlichen Lastwagen, sagte der Chef der Volkswagen-Tochter. Bei Scania solle der Anteil der Elektro-Laster bis 2025 auf zehn Prozent steigen, „und dann sollen wir sehen, dass sie genauso profitabel sind wie Diesel“.
Lkw-Hersteller trotzen Rezession bislang
Quelle: Reuters
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