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Lindner verteidigt neuen Abwehrschirm – Opposition kritisiert „Schulden-Wumms“

Update Berlin, 30. Sep – Der neue Abwehrschirm gegen die sprunghaft gestiegenen Energiepreise sorgt zumindest teilweise für Unmut. Bundesfinanzminister Christian Lindner verteidigte die 200 Milliarden Euro schweren Pläne am Freitag im Bundestag als notwendig, weil russische Energielieferungen ausblieben. Die Opposition kritisierte, dass viele Details offen seien, es aber einen „Schulden-Wumms“ gebe. In den nächsten Tagen sollen Experten einen Vorschlag zur geplanten Gaspreisbremse vorlegen. Diese dürfte allein nächstes Jahr einen zweistelligen Milliarden-Betrag erfordern. Die Top-Bonität Deutschlands scheint trotz der neuen Schulden vorerst nicht in Gefahr. Der Bundestag beschloss zur Entlastung der Bürger für 18 Monate eine gesenkte Mehrwertsteuer auf Gas und Fernwärme. 

Mit den neuen Hilfen soll der Corona-Krisenfonds WSF reaktiviert und gefüllt werden. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte in Berlin, anders als in der Pandemie werde der WSF jetzt so aufgesetzt, dass auch kleinere Firmen profitieren könnten. Lindner erklärte, das Geld könne nur zweckgebunden eingesetzt werden – für die geplanten Preisbremsen auf Strom und Gas, Hilfen für Unternehmen und insbesondere die Gas-Importeure. „Hinter dem Abwehrschirm bleiben wir solide“, so der FDP-Vorsitzende. Der WSF soll noch dieses Jahr mit Kreditermächtigungen in Höhe von 200 Milliarden Euro ausgestattet werden – weil 2022 wegen der Pandemie und des Krieges in der Ukraine die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse noch ausgesetzt ist. 2023 soll sie dann wieder greifen, was mit einer deutlich verringerten Neuverschuldung einhergehen muss. 

Insgesamt bleibe die Finanzpolitik solide, versicherte Lindner. Die temporäre Subvention von Preisen solle Unternehmen Zeit geben, sich anzupassen. Denn die Preise würden nicht mehr auf alte Niveaus fallen. Die Rating-Agentur Moody’s, die die Kreditwürdigkeit Deutschlands bewertet, teilte mit, der Schuldenstand werde dadurch 2023 auf 69,5 Prozent im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung steigen und 2024 auf 68,7 Prozent. Das seien gut 2,5 Prozentpunkte mehr als bisher erwartet, sagte Moody’s-Analyst Steffen Dyck. „Vor dem Hintergrund eines Schuldenstands, der niedriger ist als in anderen europäischen Ländern, bleibt der Anstieg in einem klar verkraftbaren Rahmen.“ In Großbritannien hatten Pläne der Regierung zur Senkung der Steuern sowie kostspielige Hilfen wegen der Energiepreise zuletzt einen Ausverkauf am Devisen- und Anleihenmarkt ausgelöst. 

CDU-Politiker Mathias Middelberg sprach im Bundestag von einem „Schulden-Wumms“ – in Anspielung auf den „Doppel-Wumms“, von dem Kanzler Olaf Scholz am Donnerstag gesprochen hatte. Es gebe 200 Milliarden Euro neue Schulden, ohne dass konkrete Details für die Verwendung bekannt seien. 

GASPREIS-SUBVENTIONIERUNG DÜRFTE 2023 BIS ZU 37 MRD KOSTEN

Bis Mitte Oktober soll eine Expertenkommission Vorschläge für eine Gaspreisbremse machen. Diese könnte den Staat – je nach konkreter Ausgestaltung – laut Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) 2023 zwischen 15,6 und 36,5 Milliarden Euro kosten. Am günstigsten wäre ein Preisdeckel, bei dem ein subventionierter, also geförderter Grundverbrauch abhängig von der Zahl der Personen im Haushalt gewährt wird. In etwa doppelt so teuer wäre ein Preisdeckel, der als Referenz den Vorjahresverbrauch zu beispielsweise 80 Prozent abdeckt. „Je nachdem, welche Gasmengen bei welchem Preis gedeckelt werden, kann es große Unterschiede geben“, sagte IMK-Direktor Sebastian Dullien. 

Knapp die Hälfte der deutschen Haushalte heizt oder kocht mit Gas, das im Winter knapp zu werden droht und womöglich rationiert werden muss. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mahnte erneut mehr Einsparungen an. „Für die oberen 20 Prozent des normalen Verbrauchs wird man sicherlich die volle Rechnung bezahlen müssen“, sagte der Grünen-Politiker im Deutschlandfunk. 

Der Bundestag gab unterdessen grünes Licht für die Mehrwertsteuersenkung auf Gas und Fernwärme. Damit sollen Verbraucher ab Oktober 2022 bis Ende März 2024 mit insgesamt mehr als 13 Milliarden Euro entlastet werden. Der Mehrwertsteuersatz wird von 19 auf sieben Prozent reduziert. Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Katharina Beck, sagte, im Idealfall würden die Preise um rund zehn Prozent gedämpft. Die Opposition kritisierte, die Preise würden wesentlich stärker steigen, so dass es am Ende gar keine Entlastung gebe.

Lindner verteidigt neuen Abwehrschirm – Opposition kritisiert „Schulden-Wumms“

Quelle: Reuters

Titelfoto: Copyright © Laurence Chaperon

Bild Quelle https://www.fdp.de/person/christian-lindner

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