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Kellner und Köchin gesucht – Jeder dritte will Gastgewerbe verlassen

Berlin, 18. Okt – Monatelanger Lockdown, Kurzarbeitergeld, Angst vorm Jobverlust: Rund 200.000 Beschäftigte haben das deutsche Gastgewerbe in der Corona-Krise bereits verlassen. Der Personalmangel erschwert nun den Neustart der Branche nach dem Ende der meisten Pandemie-bedingten Einschränkungen. Denn einer Umfrage unter gut 4000 Beschäftigten zufolge kann sich ein Drittel davon nicht vorstellen, noch lange im Gastgewerbe zu arbeiten, wie die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) am Dienstag mitteilte.

„Wir müssen damit rechnen, dass die Abwanderung nochmal voranschreiten wird, wenn nicht gegengesteuert wird“, sagte NGG-Chef Guido Zeitler in Berlin. Wichtig seien höhere Löhne, die mit anderen Branchen konkurrieren könnten. Der durchschnittliche Lohn von 2338,38 Euro brutto 2021 für Fachkräfte müsse auf mindestens 3000 Euro steigen – „sonst wird der Exitus der Beschäftigten im Gastrogewerbe weitergehen und die Probleme in den Betrieben immer größer werden“. 

Gründe, dem Gastgewerbe den Rücken zu kehren, gibt es laut Umfrage genug: Geringe Löhne, fehlende Wertschätzung, schlecht planbare und überlange Arbeitszeiten, Personalmangel, psychische und körperliche Belastungen. „Das Gastgewerbe braucht einen echten Neustart“, betonte Zeitler. Entscheidend sei auch eine stärkere Tarifbindung. Denn diese sei im Gastgewerbe von 37 Prozent 2010 auf 23 Prozent 2018 gesunken. Aktuell dürfte es noch weniger sein, sagte der NGG-Vorsitzende. 

Um Fachkräfte der Zukunft zu sichern und erst einmal anzuheuern, müssten Hotellerie und Gastronomie für Berufseinsteigende viel attraktiver werden. Denn die Zahl der Auszubildenden sei von rund 100.000 im Jahr 2007 dann 2021 auf gut 43.000 gesunken.

Zeitler warnte davor, die Arbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden auszuweiten. „Finger weg vom Arbeitszeitgesetz.“ Dies sei ein „Brandbeschleuniger“ und würde sonst weitere Beschäftigte vertreiben. Seit der Virus-Pandemie habe das Gastgewerbe zehntausende Menschen verloren – etwa an den Einzelhandel, die Logistik, die Ernährungsindustrie sowie Arztpraxen und Anwaltskanzleien. 

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) erklärte, seit Frühjahr hätten die Betriebe viele Mitarbeiter neu oder wieder gewinnen können. Dennoch sei das Vorkrisenniveau noch nicht ganz erreicht, sagte die für den Jobmarkt zuständige Dehoga-Geschäftsführerin Sandra Warden der Nachrichtenagentur Reuters. „Arbeitskräftemangel ist aber weiter ein Riesenthema und wird es auch bleiben.“ Allein wegen der Demografie und veränderter Bildungswege bei Jugendlichen würden „die Lücken auf dem Arbeitsmarkt von Jahr zu Jahr größer“.

Die Branche bekommt derzeit auch die Inflation und damit die sinkende Kaufkraft vieler Kunden zu spüren. Die Umsatzzahlen für August diesen Jahres im Vergleich zum Vorkrisen-August 2019 spiegelten mit real minus 6,8 Prozent die sich verschlechternde Lage des Gastgewerbes wieder, sagte Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges zu Reuters. „Mit realen Umsatzeinbußen von 10,9 Prozent (nominal plus 0,6 Prozent) von Januar bis August 2022 ist das dritte Verlustjahr in Folge nicht mehr abzuwenden.“ Zwei Drittel der Unternehmer fühlen sich laut Dehoga-Umfrage existenziell bedroht. 

Hotels und Restaurants zählten von Juli auf August 0,2 Prozent weniger in ihren Kassen, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Das ist bereits – kalender- und saisonbereinigt – das zweite Minus in Folge. Klammert man die Inflation aus, sank der Umsatz real mit 0,6 Prozent noch etwas stärker, nachdem er im Juli um 4,0 Prozent gefallen war. „Die starken Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energie treffen das Gastgewerbe zunehmend“, erklärten die Statistiker. Die Inflationsrate ist mit 10,0 Prozent so hoch wie seit über 70 Jahren nicht mehr.

Kellner und Köchin gesucht – Jeder dritte will Gastgewerbe verlassen

Quelle: Reuters

Titelfoto: Symbolfoto

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