Donnerstag, April 25, 2024
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Hintergrund: Tschechien-Connection – Neues im Machtpoker um ProSieben

Berlin/Prag/Mailand, 22. Feb – Der Einstieg der tschechischen Milliardärin Renata Kellnerova bei ProSiebenSat.1 könnte dem neuen Vorstand des Fernsehkonzerns den Rücken stärken. Die Witwe des Unternehmers Petr Kellner und reichste Frau Tschechiens hält 9,1 Prozent an der bayerischen Senderkette und steigt hinter der italienischen MFE-Mediaforeurope gleich zur zweitgrößten Aktionärin auf. Ihr Unternehmen PPF bringt Expertise mit: Die Tochter Central European Media Enterprises (CME) betreibt zahlreiche Fernseh- und Onlinemedien-Firmen in Mittel- und Südosteuropa, unter anderem 43 TV-Kanäle. Vor einem Jahr hat CME etwa das Kroatien-Geschäft von RTL gekauft.

Man freue sich darauf, mit dem Vorstand und Aufsichtsrat von ProSiebenSat.1 zusammenzuarbeiten, hieß es in einer Mitteilung von PPF. Aus München hieß es umgehend, es habe schon erste sehr positive Kontakte gegeben. In der Branche gehen einige davon aus, dass es sich nicht nur um höfliches Geplänkel handelt, sondern Kellnerova dem neuen ProSiebenSat.1-Management um Bert Habets tatsächlich eher wohlgesinnt ist. Der seit Anfang November amtierende Vorstandschef steht unter Dauerdruck. Die von der Familie von Italiens ehemaligem Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi kontrollierte MFE hält rund ein Viertel der ProSieben-Aktien und erwartet von Habets einen Strategieschwenk in Richtung des Kerngeschäfts um TV und Unterhaltung.

MFE ist auch in Spanien aktiv, will einen europäischen Fernsehkonzern schmieden und drängt dabei auf eine stärkere Zusammenarbeit mit ProSiebenSat.1. Habets stellt seine Pläne am 2. März vor. Beobachter blicken mit Spannung darauf, ob er auch die Online-Beteiligungen und die Dating-Sparte weiter stärken will.

Mit tschechischen Aktionären hat ProSiebenSat.1 Erfahrung. Der Unternehmer Daniel Kretinsky war von 2019 bis 2021 Großaktionär von ProSiebenSat.1, hielt bis zu zwölf Prozent, reduzierte seinen Anteil aber später auf weniger als drei Prozent. In der Branche gehen Fachleute davon aus, dass sein Aktienbesitz inzwischen nahe Null liegt.

WER KOMMT IN DEN AUFSICHTSRAT?

Allerdings hat er Verbindungen zur Kellner-Familie. Kretinsky ist mit der Tochter von Petr Kellner und Renata Kellnerova liiert, der Olympia-Springreiterin Anna Kellnerova. Nach Kellners Tod bei einem Hubschrauberabsturz in Alaska 2021 wurde ein Beratergremium eingerichtet, das seiner Witwe bei der strategischen Entwicklung von PPF zur Seite stehen soll. Hier ist Kretinsky Mitglied. Man kennt sich: Kretinsky und Kellner hatten einst die Energie-Holding EPH gegründet, der unter anderem der ostdeutsche Braunkohle-Förderer Mibrag gehört.

Der Einstieg von PPF könnte die anstehenden Entscheidungen um die Besetzung des ProSieben-Aufsichtsrats durcheinanderwirbeln. Zuletzt hatte MFE erklärt, dass man gerne einen Platz im Kontrollgremium hätte. Womöglich erhielten die Italiener sogar zwei Mandate, verlautete in der Branche. Aber auch PPF dürfte an Mitsprache im Aufsichtsgremium interessiert sein. Die Tschechen hätten jetzt einen Fuß in der Tür, hieß es.

Der Einstieg konnte der ProSiebenSat.1-Aktie aber keinen Schwung geben. Nach leichten Gewinnen zum Handelsstart ging das Papier mit rund einem halben Prozent im Minus aus dem Handel. Seit Februar 2018 hat die Aktie rund 70 Prozent eingebüßt.

Hintergrund: Tschechien-Connection – Neues im Machtpoker um ProSieben

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von Igor Saveliev auf Pixabay

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