Berlin, 20. Jan (Reuters) – Klimaminister Robert Habeck hat von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) Zugeständnisse für einen schnelleren Windenergie-Ausbau gefordert und stößt dabei auf Skepsis. „Wir brauchen eben auch einen ökologischen Patriotismus zum Ausbau von schwierigen Techniken wie der Windkraft“, sagte der Grünen-Politiker am Donnerstag in München bei einem Treffen mit Söder.
Ein Hauptproblem machte er in den bayerischen Abstandsregeln zu Wohngebäuden aus, die hier mindestens das zehnfache der Höhe der Windräder vorsehen (10H-Regel). Söder widersprach, es gebe andere Gründe als die Regel: „Deshalb glauben wir, dass sie bleiben kann.“ Man wolle aber über Ausnahmen reden und prüfen, was im bayerischen Staatswald möglich sei. Beide vereinbarten, dass bis spätestens März Bayern dazu einen Bericht vorlegt.
Die neue Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 rund 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien zu gewinnen. Windenergie an Land kommt dabei die zentrale Rolle zu. Dafür sollen zwei Prozent der Fläche Deutschlands reserviert werden. In den vergangenen Jahren war der Ausbau wegen fehlender Flächen fast vollständig zum Erliegen gekommen.
2021 wurden laut Bundesverband Windenergie knapp 500 Windräder mit einer Leistung von weniger als zwei Gigawatt gebaut, etwa 35 Prozent mehr als 2020. Zum Vergleich: Habeck plant einen Neubau ab nächstes Jahr von jährlich fünf Gigawatt, der sich bis 2027 auf zehn Gigawatt verdoppeln soll.
HABECK WARNT: „DANN KÖNNEN WIR LADEN DICHTMACHEN“
Habeck und Söder sprachen zunächst trotz unterschiedlicher Auffassungen von konstruktiven Gesprächen. Söder lobte, dass Habeck nicht gleich mit Gesetzen drohe sondern die Diskussion suche. Am Ende der Pressekonferenz bat Habeck jedoch um ein Schlusswort, dass er zu einem emotionalen Appell nutzte. Es gebe angesichts des Widertandes von Anwohnern einen Wettlauf zwischen den Ländern nach unten bei der Windkraft:
„Wer ist der größte Verhinderer.“ Dies dürfe sich nicht fortsetzen: „Dann können wir den Laden auch dichtmachen.“ Söder wollte das nicht stehenlassen und betonte, wie der FC Bayern spiele die Landesregierung immer offensiv. Darauf wieder Habeck: Er wolle diese Offensive im ländlichen Raum sehen, denn im Endeffekt schütze man so die Heimat. Söder konterte mit einer „herzlichen Einladung“ nach Oberfranken. Dort ist der Widerstand gegen Windenergie besonders groß.
In Bayern wurden im vergangenen Jahr nur etwa ein Dutzend neue Windräder gebaut. Das entspricht etwa zwei Prozent des gesamten Zubaus. Zum Vergleich: In Niedersachsen wurden über 100 Anlagen errichtet, was fast einem Viertel der neuen Leistung bundesweit entspricht. Nach Experten-Schätzung steht nur etwa 0,1 Prozent der bayerischen Landesfläche für Wind zur Verfügung.
Söder verwies darauf, dass – bis auf die Windenergie – Bayern bei allen erneuerbaren Energien ganz vorne sei. Über die Hälfte des Stromverbrauchs erzeuge Bayern aus diesen Quellen. „Für uns ist Wind ein Baustein, aber nicht das einzige Thema.
“ Nicht nur Bayern tue sich hier schwer, auch Baden-Württemberg, was an der Topografie liegen könne, sagte er mit Blick auf den schwächeren Wind im Süden. Skeptisch sei er dabei bei der Ausweisung von zwei Prozent der Landesfläche für Windenergie: „Das wären 200.000 Fußballfelder.“ In Bayern wird im nächsten Jahr gewählt. In einer Umfrage liegt die CSU nur noch bei 36 Prozent und könnte selbst mit dem bisherigen Koalitionspartner Freie Wähler keine Regierung bilden.
Problematisch ist für Bayern zudem, dass Ende des Jahres die letzten Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Das Bundesland mit starker Industrie ist schon jetzt Strom-Importeur. Immer mehr Firmen wollen ausschließlich mit Ökostrom beliefert werden, was auch wegen des stockenden Leitungsausbau aus dem Norden schwierig ist.
Habeck verlangt von Söder Öko-Patriotismus bei Windkraft
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