Berlin, 09. Aug (Reuters) – In den Chefetagen der deutschen Chemieindustrie wird wegen der drohenden Gaskrise besorgt auf die kommenden Monate geschaut. Das Barometer für die Geschäftserwartungen fiel im Juli auf einen Tiefstand von minus 44,4 Punkten, wie das Münchner Ifo-Institut am Dienstag zu seiner monatlichen Unternehmensumfrage mitteilte. Zum Vergleich: Im Vorjahresmonat lag der Wert noch bei plus 11,8 Punkten. Der Krieg in der Ukraine verschärfe die angespannte Lage in der Branche noch weiter.
„44 Prozent des Energieverbrauchs in der Chemischen Industrie entfallen auf Erdgas“, sagte Ifo-Branchenexpertin Anna Wolf. „Hinzu kommt, dass Erdgas eine wichtige Rolle bei der Produktherstellung spielt.“ Für rund 30 Prozent aller Chemieprodukte sei der Einsatz von Erdgas notwendig, das sich stark verteuert hat. Rund die Hälfte der Gasimporte stammt aus Russland.
Zudem klagt mehr als die Hälfte der Unternehmen in der Chemischen Industrie über Materialmangel. Der dürfte nach Erwartungen der Unternehmen noch mindestens in das erste Halbjahr 2023 andauern. Hinzu komme, dass die Einfuhrpreise für chemische Vorprodukte ebenfalls stark gestiegen sind. „Bereits im Mai 2022 lagen die Einfuhrpreise für sonstige anorganische Grundstoffe und Chemikalien mehr als 65 Prozent über dem Stand des Vorjahresmonats“, sagte Wolf. Für Düngemittel und Stickstoffverbindungen seien sie sogar um rund 170 Prozent gestiegen.
Gleichzeitig brachen im Mai die Exporte chemischer Produkte nach Russland um 49 Prozent und in die Ukraine um 40 Prozent ein – jeweils im Vergleich zum Vorjahresmonat. „Eine baldige Wende ist im Außenhandel mit Russland nicht in Sicht“, sagte Wolf. Dem Ifo-Institut zufolge haben 40 Prozent der befragten Chemieunternehmen ihre Exporte nach Russland ganz ausgesetzt. „Für 29 Prozent ist eine Fortführung der Exportbeziehungen nicht absehbar“, sagte Wolf.
Geschäftserwartungen in Chemieindustrie fallen auf Tiefstand
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