Update Celle, 30. Sep – Im Prozess um die vor zehn Jahren geplatzte Übernahme von Volkswagen durch Porsche hat das Gericht Forderungen von Anlegern auf milliardenschweren Schadensersatz zurückgewiesen. Der 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Celle wies am Freitag die von den Klägern beantragten Feststellungsziele zurück beziehungsweise erklärte sie für unzulässig. Insbesondere die Mitteilung der Porsche SE vom 26. Oktober 2008, mit der die Holding erklärt hatte, sich durch Käufe und Optionsgeschäfte bereits fast drei Viertel an Volkswagen gesichert zu haben, sei nicht grob irreführend oder falsch gewesen, sagte Richter Matthias Wiese. Verständige Kapitalmarktteilnehmer hätte den Inhalt der Mitteilung verstehen können.
Die Holdinggesellschaft Porsche SE, über die die Familien Porsche und Piech die Mehrheit an Volkswagen halten, begrüßte das Urteil. „Wir sehen uns in unserer Rechtsauffassung bestätigt. Für die Porsche SE ist das ein wichtiger Etappensieg“, sagte ein Sprecher. Es wird erwartet, dass die Kläger Beschwerde gegen das Urteil beim Bundesgerichtshof einlegen werden.
Das Gericht hatte bereits zu Prozessbeginn im Oktober 2017 Zweifel an möglichen Schadenersatzansprüchen zu erkennen gegeben. Es sah in den von den klagenden Hedgefonds und Privatanlegern vorgebrachten Argumenten keine Anhaltspunkte für eine bewusste Irreführung der Anleger durch den VW-Haupteigner Porsche SE.
Fonds und Einzelkläger halten dem Management vor, seine wahren Absichten verschleiert und sich an Volkswagen herangeschlichen zu haben, um den sehr viel größeren Wolfsburger Autobauer unter ihre Kontrolle zu bringen. Erst mit einer Mitteilung am 26. Oktober 2008 sei klar geworden, was die Stuttgarter im Schilde führten. Damals legte die Porsche SE offen, dass sie sich bereits fast drei Viertel an Volkswagen gesichert hatte. Dadurch wurden Anleger, die mit Leerverkäufen auf sinkende Kurse gesetzt hatten, auf dem falschen Fuß erwischt. Der Kurs der VW-Aktie sprang damals auf über 1000 Euro je Anteilschein und machte den Wolfsburger Autobauer kurzzeitig zum teuersten Unternehmen der Welt.
Später platzte der Übernahmeversuch, weil die Finanzkrise den Käufern einen Strich durch die Pläne machte und die Porsche SE unter den Schulden zusammenzubrechen drohte. Volkswagen drehte den Spieß um und übernahm den gleichnamigen Sportwagenbauer. Die Kläger machten Kursverluste von 5,4 Milliarden Euro geltend.
Der Prozess vor dem OLG Celle hat sich vor allem wegen zahlreicher Befangenheitsanträge der Kläger so lange hingezogen. Hinzu kamen mehrere Unterbrechungen durch die Covid-Pandemie.
Vor dem Oberlandesgericht Braunschweig läuft seit September 2018 ein anderes Kapitalanleger-Musterverfahren gegen Volkswagen. Hier werfen die Kläger dem Unternehmen vor, Anleger im Dieselskandal zu lange im Unklaren über die Auswirkungen gelassen zu haben, und fordern mehr als vier Milliarden Euro Schadensersatz für nach ihrer Darstellung erlittene Kursverluste. Ein Teil der Forderungen richtet sich auch gegen die Porsche SE. Auch dieses Verfahren dürfte nach Einschätzung von Experten vor dem Bundesgerichtshof landen.
Gericht weist Anleger-Klage auf Schadenersatz gegen die Porsche SE zurück
Quelle: Reuters
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