Berlin, 21. Sep – Die Umlage für alle Gaskunden soll trotz rechtlicher Zweifel ab 1. Oktober greifen. Allerdings müsse sie vor dem Hintergrund der beschlossenen Uniper-Verstaatlichung noch einmal überprüft werden, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck am Mittwoch in Berlin. Hintergrund seien Zweifel, ob ein Staatsunternehmen von der Umlage profitieren darf.
„Es stellt sich offensichtlich die finanzverfassungsrechtliche Prüfungsfrage und sie muss natürlich klar beantwortet werden.“ Man habe aber rund drei Monate Zeit, da erst dann die Uniper-Verstaatlichung abgeschlossen sei. „Die Gasumlage ist eine Brücke, bis diese Frage abschließend geklärt ist“, sagte der Grünen-Politiker. Prüfen müsse das Finanzministerium. Dieses erklärte allerdings, es bestünden keine Rechtsbedenken mehr.
Uniper steht unter Druck, da es die gestoppten russischen Gas-Lieferungen durch kurzfristige, teure Einkäufe ausgleichen muss und die Kosten nicht sofort an die Kunden weitergeben darf. Über die Umlage für alle Gaskunden sollten Uniper und andere Versorger schnell Hilfe erhalten. Die Höhe der Umlage wurde bereits auf rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde ab Oktober festgelegt, was für die meisten Haushalte eine drastische Erhöhung der Energiekosten bedeutet.
Wenn nun die Umlage und damit die Belastung der Gasverbraucher gestrichen würde, müssten die Milliarden-Hilfen aus dem Bundeshaushalt kommen, über den Bundesfinanzminister Christian Lindner mit Argusaugen wacht. Ein Sprecher seines Ministeriums erklärte: „Bereits am vergangenen Freitag wurde im Ressortkreis mit Kanzleramt, Justiz- und Finanzministerium Einvernehmen erzielt, dass Wirtschaftsminister Habeck wie geplant die von ihm vorgeschlagene Gasumlage einführen kann.“
DEBATTE UM ALTERNATIVEN ZUR UMLAGE
Der Regierungsberater Jens Südekum sprach sich gegen ein Festhalten an dem Vorhaben aus: „Nach der Verstaatlichung von Uniper ist die Grundlage für die Gasumlage eigentlich entfallen“, sagte das Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Wirtschaftsministeriums. „Zwar fallen die hohen Ersatzbeschaffungskosten für Gas weiterhin an, aber die können nun auch direkt aus dem Bundeshaushalt bestritten werden.“
Die Ampel-Koalition ist uneins. Die SPD-Fraktion kündigte an, die Gasumlage selbst kritisch prüfen zu wollen. Als Alternative zu einer „rechtlich hoch unsicheren und einseitigen“ Gasumlage könnte man Übergewinne im Strombereich abschöpfen, Haushaltsmittel nutzen sowie einen „leistungsgerechten Energiesoli“ einführen, sagte SPD-Vize-Fraktionschef Matthias Miersch. Grünen-Parteichefin Ricarda Lang sprach sich ebenfalls gegen die Belastung der Gasverbraucher aus: „Das setzt eine Finanzierung aus dem Haushalt voraus. Die Versorgungssicherheit in Deutschland muss Vorrang vor haushalterischen Grundsatzdebatten haben.“
Sein FDP-Kollege Lukas Köhler widersprach und sieht Habeck in der Pflicht. Klar sei, dass die Mehrkosten finanziert werden müssten, ohne dass sie auf alle Steuerzahler umgelegt würden. „Es wäre unfair, wenn auch diejenigen für die hohen Gaspreise zahlen müssten, die in eine Wärmepumpe oder Pelletheizung investiert haben“, sagte er Reuters.
UMLAGE SOLL WENIGER IMPORTEUREN ZUGUTE KOMMEN
Ungeachtet der finanzverfassungsrechtlichen Probleme treibt das Wirtschaftsministerium die Umsetzung der Umlage voran. Die Rechtsgrundlage wurde nachgebessert, wie Habeck bestätigte. Der Gesetzentwurf sei in die Abstimmung mit übrigen Ressorts gegangen. So werde der Kreis der Profiteure der Umlage beschränkt. Als Voraussetzung soll ein Marktanteil von mindestens einem Prozent gelten sowie Firmen ausgeschlossen werden, die Gewinne erzielten. Empfänger der Umlage müssten zudem Beschränkungen bei Manager-Vergütungen hinnehmen. „Wie angekündigt, haben wir einen Weg gefunden, die Trittbrettfahrer vom Trittbrett zu stoßen“, sagte Habeck. Zunächst war geplant, dass zwölf Unternehmen profitieren sollten. Es stellte sich aber heraus, dass mehrere von ihnen hoch profitabel sind. Im Kern käme sie nun nur von Uniper, VNG sowie den unter Treuhand stehenden Gazprom-Töchtern (SEFE) zugute.
Zudem hatte sich gezeigt, dass Kunden mit Festpreis-Verträgen über Jahre oder auch Fernwärme-Kunden nicht erfasst sein könnten. Mit der Nachbesserung des Energie-Sicherungsgesetzes soll jetzt sichergestellt werden, dass alle Gaskunden zahlen müssen.
Gasumlage soll ab Oktober greifen – Wird aber rechtlich geprüft
Quelle: Reuters
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