Berlin, 30. Okt – Die von der Bundesregierung eingesetzte Gaskommission will Insidern zufolge die geplante Preisbremse an Auflagen knüpfen. Zwei mit den Beratungen vertraute Personen sagten der Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag, das Expertengremium habe von Freitagmittag bis Samstagnacht um drei Uhr morgens getagt und dann per Abstimmung den Abschlussbericht angenommen. Dabei seien die Kernpunkte aus dem vorläufigen Bericht vor drei Wochen bestätigt worden. Einer der Insider sagte, das Ergebnis sei einstimmig ausgefallen bei einer Enthaltung. In Teilbereichen habe es aber auch abweichende Meinungen gegeben.
Neu sind konkrete Vorgaben zum Standorterhalt in Deutschland, wenn die Gaspreisbremse von Unternehmen in Anspruch genommen wird. Bei Firmen mit betrieblicher Mitbestimmung solle dies zwischen den Tarifparteien festgelegt werden, so einer der Insider. Bei anderen Unternehmen sollten mindestens ein Jahr nach Erhalt der Gaspreisbremse 90 Prozent der Jobs erhalten bleiben.
Ansonsten müssten die Hilfen zurückgezahlt werden. Darüber hatte zuerst das „Handelsblatt“ berichtet. „Der Standorterhalt wird in der Regel durch eine Standort- und Transformationsvereinbarung zwischen Tarif- oder Betriebsparteien oder im paritätisch mitbestimmen Aufsichtsrat nachgewiesen“, zitierte die Zeitung aus dem Abschlussbericht.
Offen war zuletzt noch, ob Unternehmen, die die Gaspreisbremse in Anspruch nehmen, pauschal mit einem Boni- und Dividendenverbot belegt werden. Das wäre de facto auf so gut wie jedes Unternehmen hinausgelaufen und nicht nur solche, für die Extrapakete aus dem Krisenfonds WSF geschnürt werden. Zwei Insider sagten, es habe für die strikte Regelung keine Mehrheit gegeben, daher eine offene Formulierung, so dass die Regierung dies letztlich entscheiden müsse.
Die Kommission will den Abschlussbericht am Montagmittag an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) übergeben. Die Präsidentin des Bundesverbandes der Elektrizitäts- und Wasserwirtschaft (BDEW), Marie-Luise Wolff, sagte, die vorgeschlagene spürbare Entlastung bei den Gaspreisen sichere die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und auch den Arbeitsmarkt. „Gewinner sind die Gasverbraucher, der Mittelstand und auch die deutsche Industrie. Entscheidend ist jetzt, dass die Entlastung schnell und unbürokratisch bei den Menschen und Unternehmen ankommt.“
Die Expertenkommission hatte die Entlastung bislang auf rund 96 Milliarden Euro beziffert. Vorgesehen ist als schnelle Hilfe eine Einmalzahlung für Gas- und Fernwärmekunden im Dezember, die Kritiker als nicht zielgenau genug bemängeln. Diesen Vorschlag setzt die Regierung bereits um. Das wird den Staat etwa zwölf Milliarden Euro kosten.
Die eigentliche Gaspreisbremse soll dann für private Haushalte und Kleinfirmen ab März 2023 bis Ende April 2024 greifen, für Industriekunden schon ab Januar. Dabei soll für Haushalte ein Grundkontingent von 80 Prozent nur zwölf Cent pro Kilowattstunde kosten, für den Rest gelten die Marktpreise, um einen Anreiz für Einsparungen zu setzen. Bei Fernwärmekunden sind 9,5 Cent je Kilowattstunde für das Grundkontingent vorgesehen. Für etwa 25.000 industrielle Großkunden soll der Beschaffungspreis beim Gas bei sieben Cent pro Kilowattstunde gedeckelt werden – für 70 Prozent des bisherigen Verbrauchs.
Gaskommission beschließt Abschlussbericht – Auflagen zum Standorterhalt
Quelle: Reuters
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