Dienstag, November 12, 2024
StartWirtschaftGas-Kommission schnürt Entlastungspaket von 96 Mrd Euro

Gas-Kommission schnürt Entlastungspaket von 96 Mrd Euro

Berlin, 10. Okt – Mit einem Zwei-Stufen-Plan will die von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission Verbraucher und Wirtschaft bei den Gas- und Fernwärmepreisen um etwa 96 Milliarden Euro entlasten. In einem ersten Schritt soll der Staat im Dezember einmalig die monatliche Abschlagzahlung auf Gas oder Fernwärme übernehmen.

Ab März 2023 bis Ende April 2024 soll dann eine Gapreisbremse greifen, die für Industriekunden schon ab Januar einsetzt. „Wir wollen in der Entlastungswirkung schnell sein“, sagte der Co-Vorsitzende der Kommission, IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis. In welchem Umfang die Empfehlungen umgesetzt würden, liege nun in den Händen der Bundesregierung, sagte der Co-Vorsitzende, BDI-Präsident Siegfried Russwurm.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) kündigte an, die Koalition aus SPD, Grünen und FDP werde die Vorschläge sichten, dann aber „sehr rasch und weitgehend“ umsetzen. Ein Regierungssprecher sprach von „mehreren Tagen“ Zeitnahme für eine Bewertung. Die über 20 Mitglieder der Kommission unter Vorsitz von Vassiliadis, Russwurm und der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm hatten in einer Nachtsitzung bis zum Sonnenaufgang an ihrem Konzept gefeilt. Um 06.25 Uhr habe das Ergebnis vorgelegen, sagte Vassiliadis. „Wir haben gerungen, aber wir haben ein Ergebnis erreicht, das wir für belastbar halten“, sagte BDI-Präsident Russwurm. Deutschland drifte in eine Rezession. Daher sei das Anliegen der Regierung richtig, die Belastung der Industrie durch hohe Gaspreise zu dämpfen.

ERSTE ENTLASTUNG IM DEZEMBER – STÜTZE FÜR KONJUNKTUR

Verbraucher sowie kleine und mittlere Unternehmen würden demnach im Dezember um etwa fünf Milliarden Euro entlastet, indem der Staat ihre monatliche Abschlagszahlung auf die Gas- und Fernwärmerechnung übernimmt. Für sie soll ab 1. März dann der Gaspreis für einen Grundbedarf von 80 Prozent des Verbrauchs bei zwölf Cent pro Kilowattstunde begrenzt werden, bei Fernwärme auf 9,5 Cent.

„Man bekommt also jeden Monat einen staatlichen Zuschuss auf die Abschlagszahlung“, erläuterte Grimm die Preisbremse. Alle drei Vorsitzenden unterstrichen, dass gleichzeitig beim Gasverbrauch gespart werden müsse. Wenn im Vergleich zum Vorjahr der Gasverbrauch nicht um etwa 20 Prozent verringert werde, drohe im Winter eine Gasmangellage. Dann müsste das Gas für die Industrie womöglich rationiert werden.

Für etwa 25.000 industrielle Kunden soll der Beschaffungspreis beim Gas bereits ab Januar bei sieben Cent gedeckelt werden. Dies sei der Nettopreis, der laut Russwurm etwa den zwölf Cent brutto für Privathaushalte entspricht. Auch hier soll es einen Sparanreiz geben indem nur für 70 Prozent des Verbrauchs der Preis gedeckelt wird. Die Entlastungen summieren sich nach Angaben der Kommission auf etwa 96 Milliarden Euro bis Ende April 2024. Die genaue Höhe hänge letztlich von der Entwicklung des Gaspreises ab. Davon entfallen laut Vassiliadis etwa fünf Milliarden auf die Dezember-Entlastung, danach etwa 60 Milliarden Euro für Haushalte und Kleingebewerbe sowie etwa 25 Milliarden Euro für die Industrie.

SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch stellte in Aussicht, dass die erforderlichen Gesetzesänderungen noch in diesem Monat auf den Weg gebracht werden könnten. Er drang auf eine rasche Umsetzung der Vorschläge. In ersten Stellungnahmen erhielt die Kommission Lob und Kritik. Sebastian Dullien vom gewerkschaftsnahen IMK erhofft sich davon auch eine Stützung der Konjunktur und eine Dämpfung der von den hohen Energiepreisen getriebenen Inflation. Die Entlastung der Privathaushalte bis Frühjahr 2024 bezifferte er auf etwa 35 Milliarden Euro. 

Der Ökonom Jens Südekum kritisierte indes Fehlanreize: „Die volle Erstattung der Nebenkosten bietet gerade keine Einsparanreize und fördert reiche Haushalte mit hohen Energieverbräuchen besonders stark.“ Auch Dullien sprach von Schwächen mit Blick auf die Preisbremse ab Frühjahr. „Der vorgeschlagene pauschale 80-Prozent-Rabatt entlastet Haushalte mit hohem Gasverbrauch deutlich stärker als jene mit geringem Gasverbrauch“, so Dullien. „Das ist besonders problematisch bei den Hocheinkommenshaushalten mit hohem Gasverbrauch, etwa den Bewohnern von Villen aus den 1970er Jahren mit Schwimmbad.“ Vassiliadis räumte Unwuchten ein. Die Kommission mache dies aber transparent: „Uns war die Geschwindigkeit wichtiger.“

Der Bundesverband der Elektrizitätswirtschaft und die Caritas begrüßten das Ergebnis. Beide waren in der Kommission vertreten. „Die Abschlagszahlung für den Dezember bringt genau das, was akut gebraucht wird: schnelle Entlastung“, sagte Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa. 

Gas-Kommission schnürt Entlastungspaket von 96 Mrd Euro

Quelle: Reuters

Titelfoto: Symbolfoto

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