Samstag, November 16, 2024
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EZB hebt Zinsen trotz Bankenturbulenzen erneut kräftig an

Frankfurt, 16. Mrz – Die Europäische Zentralbank (EZB) setzt trotz der jüngsten Turbulenzen im Bankensektor ihren Straffungskurs mit einem weiteren großen Zinsschritt fort. Die Währungshüter um Notenbankchefin Christine Lagarde beschlossen am Donnerstag, im Kampf gegen die hohe Inflation wie im Februar die Schlüsselsätze um einen halben Prozentpunkt anzuheben.

Damit liegt der an den Finanzmärkten richtungsweisende Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, künftig bei 3,00 Prozent. Der Leitzins steigt auf 3,50 Prozent. „Wir lassen nicht nach in unserem Engagement, die Inflation zu bekämpfen“, sagte Lagarde. Die EZB sei entschlossen, die Teuerungsrate mittelfristig wieder zur Zielmarke von zwei Prozent zurückzubringen. „Daran sollte kein Zweifel bestehen.“

Lagarde ließ den weiteren Kurs im Kampf gegen den anhaltend starken Preisschub aber offen: „Das hohe Maß an Unsicherheit unterstreicht die Bedeutung eines datenabhängigen Ansatzes für unsere Zinsentscheidungen“, sagte die Notenbank-Chefin. Die jüngsten Spannungen an den Finanzmärkten hätten die Unsicherheiten gesteigert. „Das ist der Grund, warum wir das Prinzip der Datenabhängigkeit verstärken.“ 

Der deutsche Leitindex Dax und sein europäisches Pendant EuroStoxx lagen nach den Beschlüssen am Nachmittag zeitweise 1,1 Prozent beziehungsweise 1,4 Prozent im Plus, nachdem sie zunächst ins Minus gerutscht waren. Volkswirte äußerten sich positiv. Es sei richtig, dass die EZB noch einmal einen großen Zinsschritt gemacht habe, sagte der Leiter des ZEW-Forschungsbereichs Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft, Friedrich Heinemann.

„Alles andere wäre ein Zeichen der Panik gewesen und hätte die Verunsicherung noch vergrößert.“ Ulrike Kastens, Europa-Volkswirtin bei der Fondsgesellschaft DWS, wies auf das Mandat der EZB hin, für Preissstabilität zu sorgen: „Diese ist weder aktuell noch auf Basis der Projektionen für die nächsten Jahre gegeben. Daher dürfte die EZB nicht darum herumkommen, die Leitzinsen weiter zu erhöhen.“

Auch aus Sicht des Chefvolkswirts des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Andreas Bley, hätte eine Pause der Zinserhöhungen die Unruhe an den Finanzmärkten womöglich noch verstärkt. „Die EZB hat heute richtig entschieden, trotz der Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten an ihrer zuvor angekündigten Zinserhöhung festzuhalten.“ Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) sprach sich für weitere Zinsschritte aus. „Die EZB sollte ihren Kurs weiter fortsetzen, damit die Inflation mittelfristig und nachhaltig zurückgedrängt werden kann“, sagte die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin Henriette Peucker. 

LAGARDE: BANKEN VIEL STÄRKER ALS 2008

Die Währungshüter erklärten zu den Börsenturbulenzen, sie beobachteten die aktuellen Marktspannungen genau. Die EZB sei bereit, so zu reagieren, wie nötig, um Preis- und Finanzstabilität im Euro-Raum zu wahren. Der Bankensektor des Euroraums seit widerstandsfähig: Kapital- und Liquiditätspositionen seien solide, erklärte die Euro-Notenbank. Die EZB besitze alle Instrumente, um das Finanzsystem nötigenfalls mit Liquiditätshilfen zu unterstützen. „Ich denke, dass der Bankensektor derzeit in einer viel, viel stärkeren Position ist als im Jahr 2008“, sagte Lagarde.

Die Furcht vor einer neuen Bankenkrise hatte in den vergangenen Tagen an den Börsen heftige Turbulenzen ausgelöst. Erst hatte der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) in den USA den Bankensenktor an den Börsenplätzen in den Vereinigten Staaten und in Europa nach unten gezogen. Dann fachte die Vertrauenskrise bei der Credit Suisse, der zweitgrößten Bank der Schweiz, die Unruhe an den Finanzmärkten erneut an. Die Credit Suisse greift nun nach der Rettungsleine der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und nimmt Kredite über bis zu 50 Milliarden Franken bei der Notenbank auf.

KEINE EINFACHE ENTSCHEIDUNG 

Für die EZB war der Zinsschritt keine einfache Entscheidung, denn die Euro-Wächter müssen auch die Stabilität des Finanzsystems im Blick behalten. Auf der anderen Seite hatten Notenbankchefin Lagarde und andere Währungshüter zuletzt wiederholt die Absicht bekräftigt, im Kampf gegen die hohe Inflation einen erneuten großen Zinsschritt um 0,50 Prozentpunkte zu gehen. Damit stand auch ihre Glaubwürdigkeit auf dem Spiel. Es sei kein anderer Vorschlag zur Diskussion im EZB-Rat gestellt worden, sagte Lagarde. Es sei eine von einer sehr großen Mehrheit getragene Entscheidung gewesen.

Die Inflation im Euro-Raum ließ zwar zuletzt leicht nach – sie sank im Februar auf 8,5 Prozent von 8,6 Prozent im Januar. Doch das Notenbank-Ziel einer Teuerung von 2,0 Prozent liegt damit immer noch weit entfernt. Zudem nahm die Kernrate, in der die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise ausgeklammert bleiben, im Februar auf 5,6 Prozent zu nach 5,3 Prozent im Januar. Das bereitet den Währungshütern Sorgen: „Den Projektionen zufolge bleibt die Inflation für eine zu lange Zeit zu hoch“, sagte Lagarde. Den neuen Prognosen der EZB-Ökonomen zufolge wird sie dieses Jahr noch bei 5,3 Prozent liegen und 2024 auf 2,9 Prozent sinken. 2025 soll die Teuerungsrate mit 2,1 Prozent immer noch leicht über der Zielmarke bleiben.

EZB hebt Zinsen trotz Bankenturbulenzen erneut kräftig an

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von mailgk1 auf Pixabay

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