Samstag, April 20, 2024
StartWirtschaftEZB-Chefvolkswirt Lane stellt weitere Zinserhöhungen in Aussicht

EZB-Chefvolkswirt Lane stellt weitere Zinserhöhungen in Aussicht

Frankfurt, 17. Jan – Die Europäische Zentralbank (EZB) muss aus Sicht ihres Chefvolkswirts Philip Lane im Kampf gegen die Inflation die Zinsen auf ein Niveau weiter anheben, mit dem die Wirtschaftsaktivität gebremst wird. Es sei aber unklar, wo genau der Gipfel der Zinserhöhungen schließlich liegen werde, sagte Lane in einem am Dienstag veröffentlichten Interview der „Financial Times“. „Im vergangenen Jahr konnten wir sagen, dass es klar ist, dass wir die Zinssätze auf ein normaleres Niveau anheben müssen, und jetzt sagen wir, wir müssen sie in den restriktiven Bereich bringen“, sagte Lane. Darunter verstehen Volkswirte ein Zinsniveau, mit dem die Wirtschaftsaktivität gedämpft wird.

Inzwischen habe die EZB auf ihrem Zinserhöhungspfad ein Zinsniveau erreicht, das ungefähr neutral sei, sagte Lane weiter. „Dennoch sind wir immer noch nicht da, wo die Risiken mehr zweiseitig oder symmetrisch werden. Daher müssen wir die Zinsen mehr anheben.“ Auf ihrem Straffungskurs nahm die EZB zuletzt im Dezember den Fuß etwas von Gas. Nach zwei Jumbo-Zinserhöhungen um jeweils 0,75 Prozentpunkte hob sie die Sätze diesmal um 0,50 Prozentpunkte an. Der an den Finanzmärkten maßgebliche Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, liegt damit inzwischen bei 2,0 Prozent. Die nächste Zinssitzung ist am 2. Februar.

Bis zu welcher Höhe die Euro-Notenbank die Zinsen voraussichtlich noch nach oben setzen wird, sagte Lane nicht. „Wo genau wir landen werden, hängt von vielen Faktoren ab“, erläuterte er. Dazu zählt der oberste Ökonom der EZB auch, wie die Wirtschaft auf die bisherigen Zinserhöhungen reagiert. „Die interessante Phase nun ist die Reaktion der Unternehmen, Haushalte und Regierungen auf die veränderten Finanzierungsbedingungen.“ Die EZB hat die Schlüsselsätze seit Juli 2022 inzwischen bereits viermal nach oben gesetzt. An den Finanzmärkten wird derzeit davon ausgegangen, das die EZB den Einlagensatz bis zum Sommer dieses Jahr auf etwas oberhalb von drei Prozent anheben wird.

„Jeder der sagt, er wisse mit Sicherheit, was das richtige Niveau der Zinsen sein wird, muss, abgesehen von allem anderen, sehr viel Vertrauen in sein Modell haben, wie die Welt funktioniert“, sagte Lane. Der umsichtige Ansatz dagegen sei, die Reaktionen auf die Straffung im vergangenen Jahr zu beobachten. Üblicherweise brauchen Zinserhöhungen Zeit, bis sie vollumfänglich in der Wirtschaft ihre Wirkung entfalten.

KEINE RÜCKKEHR ZU CHRONISCH NIEDRIGER INFLATION 

Aus Sicht von Lane gelangt die EZB mit dem Voranschreiten auf ihrem Straffungskurs wieder in einen Bereich, wo die Risiken ihrer Geldpolitik mehr zweiseitig sind. Dann gelte es eine Balance zu finden, zwischen dem Risiko geldpolitisch zu viel zu tun mit und dem Risiko, zu wenig zu unternehmen, sagte er. „Das ist nicht nur ein Thema für die nächste Sitzung oder die nächsten paar Sitzungen, das wird ein Thema werden für die nächsten ein oder zwei Jahre“, erläuterte er. Die EZB müsse bei der Frage nach dem angemessenen Zinsniveau aufgeschlossen bleiben.

Lane glaubt nicht, dass die Zeiten einer anhaltend niedrigen Inflation wie vor der Corona-Pandemie zurückkehren werden. Damals hätten die Börsen geglaubt, dass die Zinsen auf unbestimmte Zeit super-tief bleiben würden, sagte er. Doch der Inflationsschock habe bewiesen, dass der Preisauftrieb nicht gezwungenermaßen zu niedrig bleiben müsse. „Das vor der Pandemie oft gehörte Narrativ von der ‚Japanisierung‘ der europäischen Wirtschaft ist verstummt“, sagte Lane. Dies werde auch dauerhaft so bleiben. Unter ‚Japanisierung‘ verstehen Ökonomen zumeist eine Wirtschaftsentwicklung wie zuletzt in Japan, die von anhaltend niedrigem Wirtschaftswachstum in Verbindung mit niedrigen Inflationsraten geprägt war.

EZB-Chefvolkswirt Lane stellt weitere Zinserhöhungen in Aussicht

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von günter auf Pixabay

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