Berlin/Peking, 09. Sep – Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) kritisiert Pläne einer härteren China-Politik der Bundesregierung. „China mit seinen 1,4 Milliarden Menschen ist ein großer Markt. Es ergibt aus ökonomischer Sicht keinen Sinn, diesen Markt aufzugeben – auch wenn vieles schwierig ist und bleibt“, sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier am Freitag zu Reuters. „Bevor Fakten bei den außenwirtschaftlichen Instrumenten gegenüber China seitens der Bundesregierung geschaffen werden, ist es wichtig, dass die Wirtschaft ihre Argumente und praktischen Erfahrungen in die avisierte China-Strategie der Bundesregierung einbringen kann.“ Kritisch äußerte sich auch die Deutsche Handelskammer in China, wo mehr als 5000 deutschen Firmen tätig sind.
Hintergrund sind Überlegungen im Bundeswirtschaftsministerium, etwa die staatliche Förderung bei Handel und Investitionen mit China einzuschränken und Kreditprogramme zur überprüfen. Reuters hatte darüber exklusiv berichtet. „Wir wollen eine zu große Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von China vermeiden helfen“, hatte ein Regierungsvertreter gesagt. Zudem will die Bundesregierung verstärkt darauf pochen, dass europäische Firmen in China die gleichen Bedingungen erhalten wie chinesische Firmen in der EU. Auch der Umgang mit Menschenrechten in China spielt für die Bundesregierung eine Rolle.
Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums wies am Freitag darauf hin, dass in den vergangenen Jahren sehr viele Investitionsgarantien für das China-Geschäft vergeben wurden. Es sei aber Aufgabe der Regierung, darauf zu achten, dass Unternehmen auch anderswo investierten. „Das werden wir dann auch nachvollziehen in den Investitionsgarantien“, sagte er.
Der DIHK kritisierte auch Überlegungen, deutsche Investitionen in China zu prüfen. Dies hatte Reuters von einigen mit den Überlegungen vertrauten Personen erfahren. „Unser außenwirtschaftlicher Erfolg hängt in hohem Maße davon ab, dass deutsche Unternehmen bei ausländischen Handelspartnern auch direkt investieren können“, sagte Treier. „Eine staatliche Genehmigungspflicht durch bundesdeutsche Behörden von Direktinvestitionen im Ausland würde höchstwahrscheinlich ein Bürokratiemonster erschaffen.“
Damit würden deutsche Unternehmen auf viele für Deutschlands Wohlstand wichtige Investitionsvorhaben im Ausland verzichten. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums betonte am Freitag jedoch: „Dass deutsche Investitionen in China unter Verdacht gestellt werden oder unter Kontrolle gestellt werden, das kann ich nicht bestätigen.“
Die deutsche Außenhandelskammer in China kritisierte eine Beschränkung der Außenwirtschaftsförderung: „Der chinesische Markt ist für viele deutsche Unternehmen von größter Bedeutung, sie können es sich einfach nicht leisten, ihre Investitionen einzustellen“, sagte Jens Hildebrandt, Geschäftsführender Direktor der Deutschen Handelskammer in China, zu Reuters. „Daher würde der Verlust solcher Maßnahmen das Risiko für die Unternehmen in einem zunehmend volatilen Umfeld erhöhen. Die deutschen Unternehmen wären demnach aufgeschmissen.“
DIHK-Experte Treier verwies auf eine Reihe von Schwierigkeiten, die den Unternehmen bereits zu schaffen machen. „Die international aktive deutsche Wirtschaft ist aktuell massiv von Lieferkettenstörungen betroffen und kämpft mit teilweise immens gestiegen Preisen für Rohmaterialien und Vorprodukte. In dieser Phase wäre eine strategisch betriebene Abkehr von unserem größten Handelspartner ein weiterer herber Schlag ins außenwirtschaftliche Kontor.“
Auch die chinesische Regierung reagierte mit Kritik. Eine Einschränkung der deutsche Außenwirtschaftsinstrumente im China-Geschäft sei sinnlos und wäre „äußerst absurd“, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums in Peking auf Anfrage. „Trotz verschiedener ungünstiger Bedingungen haben der bilaterale Handel und die Investitionen zwischen China und Deutschland in diesem Jahr von Januar bis Juli weiter zugenommen“, sagte sie. China sei entschlossen, sich weiter zu öffnen.
„Ich glaube auch, dass die Attraktivität des chinesischen Marktes für ausländisches Kapital noch zunehmen wird“, fügte sie hinzu. „Wir hoffen, dass Deutschland eine rationale und pragmatische China-Politik verfolgen kann.“ Die Bundesregierung soll keinen „Fels anheben, um ihn dann auf die eigenen Füße fallen zu lassen“.
DIHK wehrt sich gegen härteren Kurs Deutschlands gegenüber China
Quelle: Reuters
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