11. Feb (Reuters) – Derzeit wird angesichts einer zu niedrigen Impfquote über die Einführung einer allgemeinem Impfpflicht gegen die Corona-Pandemie diskutiert. Gestritten wird auch über eine Impfpflicht nur für bestimmte Gruppen. Ein Überblick:
PARTIELLE IMPFPFLICHT – WIRD SIE UMGESETZT?
Die einrichtungsbezogenen Impfpflicht ist von Bund und Ländern gemeinsam beschlossenes Gesetz, sie gilt etwa für Personal in Pflegeheimen und medizinischen Einrichtungen ab dem 15. März. Für Verwirrung sorgt vor allem Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der wegen rechtlicher Unklarheiten eine Umsetzung des Gesetzes im Freistaat vorerst ablehnt. Der Bund betont dagegen, dass die Länder dafür zu sorgen haben, dass das gemeinsam beschlossene Gesetz in Kraft tritt und befolgt wird. Das Bundesverfassungsgericht wies am Freitag einen Eilantrag gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht zurück.
Das Bundesgesundheits- und das Arbeitsministerium erarbeiten derzeit Handreichungen für die Länder und die Einrichtungen, wie sie mit Personal umgehen können, das sich nicht impfen lassen will. Dies ist vor allem in Ostdeutschland ein Problem, wo sich teilweise bis zu 30 Prozent des Personals nicht hat impfen lassen. Fragen wie die Lohnfortzahlung für Ungeimpfte seien nicht geklärt, bemängelte aber auch der DGB. Die Bundesregierung betont jedoch, dass von Bundesseite keine weiteren gesetzlichen Anpassungen nötig seien. Es gebe einen Ermessenspielraum für die Einrichtungen, Gesundheitsämter und Landesregierungen – den etwa auch SPD-geführte Bundesländer für sinnvoll halten.

ALLGEMEINE IMPFPFLICHT – WELCHE GESETZENTWÜRFE LIEGEN VOR?
In der Debatte um eine allgemeine Impfpflicht gibt es Bewegung: Als erster legte Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) zusammen mit Politikern anderer Parteien einen Gruppenantrag vor. Darin wird die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht abgelehnt. Deshalb müssen diese Parlamentarier auch keinen Gesetzentwurf vorlegen.
Mehrere Ampel-Politiker wie SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese und Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen präsentierten einen Gesetzentwurf, der eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren vorsieht. Die Impfpflicht soll ab dem 1. Oktober 2022 gelten und bis zum 31. Dezember 2023 befristet sein. Bis dahin müssten Erwachsene drei Immunisierungen nachweisen. Wenn kein Impfnachweis vorliegt, sind Bußgelder vorgesehen.
Die Union präsentierte den Antrag für ein „flexibles Impfgesetz“. Danach sollte eine Impfpflicht für bestimmte Alters- und Berufsgruppen eingeführt werden – je nachdem wie schwerwiegend eine akute Bedrohung durch eine Virus-Variante künftig sein sollte. Zudem fordern CDU und CSU ein Impfregister.
Noch offen ist, wann der Antrag des FDP-Politikers Andrew Ullmann und anderer Parlamentarier fertig sein wird. Dieser sieht eine Impfpflicht nur für Personen über 50 Jahre vor. Juristischer Knackpunkt ist die vorgeschlagene verpflichtende Beratung vor einer Impfung.
WANN WIRD IM BUNDESTAG BERATEN?
Eigentlich sollen die Gesetzentwürfe so eingebracht werden, dass kommende Woche eine erste Lesung im Bundestag möglich ist. Es sei aber nicht mehr realistisch, dass bis Anfang kommender Woche wirklich alle Gruppenanträge vorliegen, heißt es nun in der Ampel-Koalition mit Verweis auf den Ullmann-Gesetzentwurf. Nun muss entschieden werden, ob man eine parlamentarische Befassung auch ohne Rücksicht auf fehlende Gruppenanträge beginnt.
In Parlamentskreisen wird betont, dass es keinen Unterschied mache, ob man in der einzigen Sitzungs-Woche ab dem 14. Februar mit den Beratungen beginnt – oder die beiden März-Wochen dafür nutzt. „Eine Verzögerung des Gesetzes droht in keinem Fall“, heißt es in Ampel-Kreisen. Wird die allgemeine Impfpflicht von Bundestag und Bundesrat verabschiedet, könnte sie mit einer Übergangsphase von einigen Monaten in Kraft treten.
In Ampel-Kreisen hofft man angesichts der emotionalen Auseinandersetzung am Ende auf eine möglichst große Mehrheit im Bundestag für eine Impfpflicht. Es sei aber eine kommunikativ schwierige Aufgabe, das Gesetz im März zu einem Zeitpunkt zu beschließen, in der sich in der Bevölkerung gerade Entspannung in der Corona-Pandemie breit mache.
Der Weg zur Impfpflicht – Streitpunkte und Fahrplan
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